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J 147
{Sutta: J i 500|J 147|J 147} {Vaṇṇanā: atta. J 147|atta. J 147}
Die Erzählung von der Blumenfarbe
147
Puppharatta-Jataka (Puppharattajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Nicht dies schmerzt mich; das andre quält

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen unzufriedenen Mönch. Dieser nämlich antwortete auf die Frage des Erhabenen: „Ist es wahr, Mönch, dass du unzufrieden bist?“ „Ja, es ist wahr.“ Darauf fragte Buddha weiter: „Durch wen bist du unzufrieden geworden?“ und jener erwiderte: „Durch meine frühere Frau. Süßen Wohlgeschmack, Herr, spendet diese Frau [1]; ich kann nicht ohne sie leben.“ Darauf sprach der Meister zu ihm: „Dies Weib, o Mönch, bewirkt deine Schädigung. Schon in früherer Zeit wurdest du ihretwegen an einen Pfahl gespießt; da du nur über sie jammertest, wurdest du nach deinem Tode in der Hölle wiedergeboren. Warum verlangst du wieder nach ihr?“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva eine in der Luft wohnende Gottheit. Nun fand zu Benares das große Nachtfest des Monats Kattika statt. Man hatte die Stadt wie eine Götterstadt geschmückt und alle Leute waren mit der Festfeier beschäftigt. — Ein Mann aber, der im Elend lebte, besaß nur ein einziges ganzes Gewänderpaar. Dieses nun ließ er sauber waschen und walken, so dass es hundert und tausend Falten erhielt; so hob er es auf. Seine Gattin aber sprach zu ihm: „Herr, ich wünsche ein saflorfarbenes Untergewand und Obergewand anzuziehen und an deinem Halse hängend die Kattika-Nacht herumzuwandeln.“ Er antwortete: „Liebe, woher sollen wir Armen Saflor [1a] nehmen? Ziehe ein reines Kleid an und feiere so das Fest.“ „Wenn ich kein saflorfarbenes Kleid erhalte, werde ich mich nicht an dem Feste ergehen; nimm dir eine andre Frau und feiere es mit ihr.“ „Liebe, warum quälst du mich? Woher sollen wir Saflor nehmen?“ „Herr, wenn ein Mann etwas wünscht, was ist dann unmöglich? Gibt es nicht viel Saflor im Schatze des Königs?“ „Liebe, dieser Ort gleicht einem von Dämonen besessenen Lotosteiche. Stark ist die Wache; ich kann nicht dorthin gelangen. Möge dir dies nicht gefallen; sei zufrieden mit dem, was du bekommst.“ „Herr, wenn es bei Nacht dunkel ist, gibt es für einen Mann keinen Ort, an den er nicht gelangen könnte.“

Als sie immer wieder so sagte, gab er infolge seiner sinnlichen Begierde ihrem Willen nach und tröstete sie mit den Worten: „Gut, Liebe; bekümmere dich nicht!“ Und er setzte bei Nacht sein Leben aufs Spiel, ging aus der Stadt hinaus und begab sich nach dem Saflorhause des Königs, wo er den Zaun durchbrach und in das Innere des Hauses gelangte. Als aber die Wächter das Geräusch am Zaune hörten, dachten sie: „Ein Dieb!“ Und sie umringten ihn, packten ihn, schalten ihn, schlugen und banden ihn. Als der Morgen tagte, brachten sie ihn zum Könige. Der König sprach: „Gehet und spießet ihn an einen Pfahl!“ Darauf banden sie ihm die Arme auf den Rücken, ließen die Verkündigungstrommel schlagen und zogen zur Stadt hinaus; dann spießten sie ihn an einen Pfahl. Heftige Schmerzen entstanden; Krähen setzten sich auf sein Haupt und hackten ihm mit ihren einer Speerspitze gleichenden Schnäbeln in die Augen. Er aber gab auf solche Schmerzen nicht Acht, sondern erinnerte sich nur an seine Frau; und indem er bei sich dachte: „Ich kann jetzt nicht mit ihr, die ein ganzes, rosenfarbenes Gewand angetan und ihr Armpaar um meinen Hals geschlungen hätte, zusammen die Kattika-Nacht feiern“, sprach er folgende Strophe:

[§1] „Nicht dies schmerzt mich; das andre quält: Nicht dass die Krähe mich zerhackt, doch dass mein Weib im Rosenkleid das Vollmondfest nicht feiern kann.“

Indem er so wegen eines Weibes klagte, starb er und wurde in der Hölle wiedergeboren.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Das damalige Ehepaar war das jetzige Ehepaar; die Luftgottheit aber, die in der Luft stehend diese Begebenheit offenbarte [2], war ich.“

Ende der Erzählung von der Rosenfarbe

Anmerkungen:

1.
Im Texte steht hier derselbe Ausdruck wie an der entsprechenden Stelle des vorhergehenden Jātaka; hier scheint das Wort jedoch im allgemeinen Sinne gebraucht zu sein.
1a.
Saflor oder „Färberdiestel“ gibt einen gelben Farbton, die folgende Bezeichnung als rosenfarben deutet eher auf einen rötlichen Farbton hin.
2.
Merkwürdigerweise steht davon im Jātaka selbst nichts.
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