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J 160
{Sutta: J ii 040|J 160|J 160} {Vaṇṇanā: atta. J 160|atta. J 160}
Die Erzählung von Vinilaka
160
Vinilaka-Jataka (Vinīlajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Jetzt ziehn den König Vedeha

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf die Nachahmung des Heiligen durch Devadatta [1]. Als nämlich Devadatta den beiden ersten Schülern, die nach dem Geierskopf gekommen waren, seine Heiligennachahmung gezeigt und sich niedergelegt hatte, erklärten die beiden Theras seinen Anhängern die Lehre und begaben sich mit ihnen nach dem Veluvana.

Als sie der Meister fragte: „Was tat Devadatta, als er euch sah?“, erzählten sie ihm: „Herr, er zeigte die Heiligennachahmung und stürzte dadurch in großes Verderben.“ Darauf sprach der Meister: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist Devadatta, da er mich nachahmte, ins Verderben gestürzt, sondern auch schon früher stürzte er hinein.“ Und danach erzählte er auf die Bitten des Thera [2] folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem im Reiche Videha zu Mithila Videha regierte, nahm der Bodhisattva im Leibe von dessen erster Gemahlin seine Wiedergeburt. Als er herangewachsen war und zu Takkasilā alle Künste erlernt hatte, bestieg er nach dem Tode seines Vaters den Thron. — Damals hatte ein Goldkönigschwan an dem Orte, wo er sich Nahrung suchte, ein vertrautes Verhältnis mit einem Krähenweibchen. Sie gebar einen Sohn. Dieser hatte weder mit seiner Mutter Ähnlichkeit noch mit seinem Vater. Weil er aber von dunkelblauem Aussehen war, gaben sie ihm den Namen Vinilaka (= „der Dunkelblaue“). Der Schwanenkönig kam öfters dorthin und besuchte seinen Sohn.

Er hatte aber noch zwei andere Söhne, zwei junge Schwäne. Als diese ihren Vater öfters in das Bereich der Menschen gehen sahen, fragten sie ihn: „Vater, warum geht Ihr öfters in das Bereich der Menschen?“ Er erwiderte: „Ihr Lieben, infolge meines vertrauten Verhältnisses mit einem Krähenweibchen wurde ein Sohn geboren, Vinilaka heißt er; um diesen zu sehen, gehe ich fort.“ „Wo wohnen sie aber?“ „Sie wohnen im Königreiche Videha unweit von Mithila an dem und dem Orte auf der Spitze einer Fächerpalme.“ Darauf sagten sie: „Vater, das Bereich der Menschen ist voll Gefahren und voll Angst. Geht nicht mehr dorthin! Wir wollen hingehen und ihn holen.“ Und die beiden jungen Schwäne begaben sich nach der ihnen von ihrem Vater bezeichneten Stelle, ließen den Vinilaka sich auf einem Stäbchen niederlassen, fassten mit der Spitze des Schnabels das Ende des Stabes und flogen über die Stadt Mithila dahin.

In diesem Augenblicke umfuhr der König Videha, auf einem mit vier ganz weißen Sindhu-Rossen bespannten herrlichen Wagen sitzend, von rechts her die Stadt. Als Vinilaka ihn sah, dachte er bei sich: „Was besteht für ein Unterschied zwischen mir und dem König Videha? Er umfährt die Stadt auf einem mit vier Sindhu-Rossen bespannten Wagen sitzend; ich aber fahre dahin auf einem mit Schwänen bespannten Wagen sitzend.“ Und in der Luft schwebend sprach er folgende erste Strophe:

[§1] „Jetzt ziehn den König Vedeha, der die Stadt Mithila besitzt, die edlen Rosse ebenso wie mich Vinilaka die Schwäne.“

Als die jungen Schwäne seine Worte vernahmen, wurden sie zornig und wollten ihn herab werfen und gehen. Sobald ihnen aber dieser Gedanke kam, dachten sie wieder: „Wenn wir so tun, was wird unser Vater sagen?“ Und aus Ehrfurcht vor ihrem Vater brachten sie jenen zu ihrem Vater und erzählten ihm, was er getan. Da schalt ihn zürnend der Vater: „Bist du etwa meinen Söhnen überlegen, dass du meine Söhne als von dir überwunden und wie an einen Wagen gespannte Sindhu-Rosse behandelst? Du kennst deinen eigenen Wert nicht. Dieser Ort passt nicht für dich; gehe nur wieder an den Wohnort deiner Mutter.“ Und darnach sprach er folgende zweite Strophe:

[§2] „Schwarzblauer, du gehst üblen Pfad, du bist hier nicht am rechten Ort. Zieh wieder in der Dörfer Nähe; dort ist auch deiner Mutter Wohnung.“

Nachdem er ihn so gescholten hatte, befahl er seinen Söhnen: „Geht, lasst ihn auf die Unratstätte der Stadt Mithila hinabfallen und kommt dann zurück.“ Diese taten so.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war Vinilaka Devadatta, die beiden jungen Schwäne waren die ersten Schüler, der Vater war Ananda, der König Videha aber war ich.“

Ende der Erzählung von Vinilaka

Anmerkungen:

1.
Vgl. dazu „Leben des Buddha“, S. 185 ff.
2.
Sāriputta führt als der Hervorragendere das Wort.
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