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J 241
{Sutta: J ii 245|J 241|J 241} {Vaṇṇanā: atta. J 241|atta. J 241}
Die Erzählung von Sabbadatha
241
Sabbadatha-Jataka (Sabbadāṭhijātakaṃ) [1]
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

10. Siṅgālavaggo

Der Schakal, aufgebläht von Stolz

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf Devadatta. — Als Devadatta den Ajatasattu für sich gewonnen hatte, konnte er doch nicht das Andauern der ihm zuteil gewordenen Ehrung und Auszeichnung bewirken. Seitdem sich nämlich das Wunder bei der Loslassung des Elefanten Nalagiri gezeigt [2], hörte für jenen die Ehrung und Auszeichnung auf. —

Eines Tages nun begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, Devadatta hat, nachdem er zu Ehre und Ansehen gekommen, nicht ein Andauern desselben bewirken können.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier versammelt?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, hat Devadatta die ihm zuteil gewordene Ehrung und Auszeichnung zum Aufhören gebracht, sondern auch früher schon brachte er sie zum Aufhören.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit:

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva dessen Hauspriester; in den drei Veden und den achtzehn Künsten war er zur Vollendung gelangt. Er kannte den so genannten Erdbesieg-Zauberspruch; Erdbesieg-Zauberspruch heißt ein auf Meditation beruhender Zauberspruch.

Eines Tages nun dachte der Bodhisattva: „Ich will den Zauberspruch hersagen“; und er setzte sich in einem Hofraum auf einem breiten Steine nieder und sagte ihn her. Diesen Zauberspruch kann man nämlich einem andern ohne bestimmte Zeremonien nicht lehren; darum sagte jener ihn an einem solchen Orte her. — Während er ihn aber hersagte, hörte ein Schakal, der in einer Höhle lag, den Zauberspruch und machte ihn sich zu eigen; in einer frühem Existenz nämlich war er ein Brahmane gewesen, der den Erdbesieg-Zauberspruch auswendig kannte.

Nachdem der Bodhisattva den Spruch hergesagt, stand er auf und sprach: „Fürwahr, ich kenne diesen Zauberspruch auswendig.“ Da kam der Schakal aus seiner Höhle heraus und lief davon mit den Worten: „Holla, Brahmane, ich kann diesen Zauberspruch noch besser auswendig als du.“ Der Bodhisattva rief: „Dieser Schakal wird großes Unheil anrichten; fangt ihn, fangt ihn“, und verfolgte ihn eine Zeit lang; der Schakal aber entkam ihm und gelangte in den Wald.

Er lief umher und biss ein Schakalweibchen ein wenig in den Leib. Als es sagte: „Was, Herr?“ fragte er: „Kennst du mich oder kennst du mich nicht?“ Es gestand zu: „Ich kenne dich nicht [3].“ Darauf sagte er den Erdbesieg-Zauberspruch her, verkündete vielen tausend Schakalen seine Befehle und machte auch die Elefanten, Pferde, Löwen, Tiger, Eber, Gazellen und die übrigen Tiere sich Untertan. Nachdem er dies getan, wurde er der König Sabbadatha [1] und machte ein Schakalweibchen zu seiner ersten Gemahlin. Auf dem Rücken zweier Elefanten stand ein Löwe und auf dem Rücken des Löwen ließ sich der Schakalkönig Sabbadatha nieder mit dem Schakalweibchen, seiner ersten Gemahlin. Groß war die Ehrung.

Durch seine große Ehrung aber wurde er berauscht; von Stolz erfüllt dachte er: „Ich will das Königreich Benares erobern“, und zog an einen Ort, der nicht weit von Benares entfernt war, umgeben von allen Vierfüßlern. Sein Gefolge erstreckte sich zwölf Yojanas weit. Als er nun nahe von Benares war, schickte er dem Könige die Botschaft, er solle ihm sein Reich übergeben oder mit ihm kämpfen. — Von Furcht erfüllt schlossen die Bewohner von Benares die Tore und stellten sich dorthin. Der Bodhisattva aber ging zum Könige hin und sprach: „Fürchte dich nicht, o Großkönig. Der Kampf mit dem Schakal Sabbadatha kommt mir zu; außer mir ist nämlich keiner im Stande, mit ihm zu kämpfen.“

Nachdem er so den König und die Stadtbewohner getröstet, dachte er: „Was wird Sabbadatha tun, um dies Reich zu erobern? Ich will ihn fragen.“ Und er bestieg einen Torturm und fragte: „Sabbadatha, was willst du tun, dass du dies Reich eroberst?“ Dieser antwortete: „Ich werde das Löwengeschrei ausstoßen lassen, viel Volks durch diesen Ton erschrecken und dadurch die Stadt einnehmen.“ Der Bodhisattva merkte: „So ist es“; er stieg von dem Warttum herab und ließ überall durch Trommelschlag verkünden: „Alle Einwohner der zwölf Yojanas im Umkreise messenden Stadt Benares sollen ihre Ohrlöcher mit Bohnenmehl vollschmieren.“ Alle Leute, die die Verkündigung durch die Trommel vernahmen, verstopften allen Vierfüßlern von der Katze angefangen und sich selbst die Ohrlöcher mit Bohnenmehl, dass sie den Laut eines andern nicht hören konnten.

Darauf stieg der Bodhisattva abermals auf den Warttum und rief: „Sabbadatha!“ „Was willst du, Brahmane?“ „Was willst du tun, dass du dieses Reich einnimmst?“ „Ich werde das Löwengebrüll ausstoßen lassen, dadurch die Menschen erschrecken, sie töten und so die Stadt einnehmen.“ Der Bodhisattva erwiderte: „Du wirst nicht im Stande sein, das Löwengebrüll ausstoßen zu lassen; denn die edelgeborenen Mähnenlöwenkönige mit ihren roten Tatzen und Füßen werden den Befehl eines solchen alten Schakals nicht ausführen.“ Von Stolz aufgebläht entgegnete der Schakal: „Die anderen Löwen sollen jetzt aus dem Spiel bleiben; nur den, auf dessen Rücken ich sitze, werde ich sein Gebrüll ausstoßen lassen.“ „Bringe ihn also zum Brüllen, wenn du kannst.“

Darauf gab der Schakal dem Löwen, auf dem er saß, mit seinem Fuße das Zeichen, er solle brüllen. Der Löwe drückte sein Maul auf die Stirngeschwulst des Elefanten und stieß dreimal das unnachahmliche Löwengebrüll aus. Von Schrecken erfasst schleuderten die Elefanten den Schakal sich vor die Füße, zertraten mit dem Fuße sein Haupt und zerschmetterten es in kleine Stücke. So kam dort Sabbadatha ums Leben. Als aber die anderen Elefanten das Löwengebrüll hörten, wurden auch sie von Todesfurcht erfasst, verwundeten einander und mussten ebenfalls dort sterben. Auch die übrigen Tiere mit Ausnahme der Löwen, wie die Gazellen, Eber usw. bis zu den Hasen und Katzen, kurz alle Vierfüßler kamen daselbst ums Leben. Die Löwen liefen davon und kehrten in den Wald zurück. Zwölf Yojanas weit erstreckte sich der Fleischhaufen.

Darauf stieg der Bodhisattva vom Wartturm herunter, ließ die Stadttore öffnen und in der Stadt durch Trommelschlag verkünden, alle sollten das Bohnenmehl aus ihren Ohrlöchern entfernen und, wer Fleisch wünsche, solle sich Fleisch holen. Die Leute verzehrten das frische Fleisch, trockneten das übrige und dörrten es. Zu dieser Zeit soll, wie man sagt, das Dörren des Fleisches aufgekommen sein.

[§A2]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen, sprach er, der völlig Erleuchtete, folgende Strophen:

[§1] „Der Schakal, aufgebläht von Stolz, nach mächtigem Gefolge strebend, der war gelangt zu hohem Rang; er war der König aller Tiere. [§2] So geht es bei den Menschen auch. Wer vom Gefolge ist umgeben, der gilt auf Erden als ein Großer, so wie der Schakal bei den Tieren.“
[§C]

Darauf verband der Meister das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war der Schakal Devadatta, der König war Sariputta, der Hauspriester aber war ich.“

Ende der Erzählung von Sabbadatha

Anmerkungen:

1.
Auf Deutsch wörtlich: „Allzahn“; doch bedeutet der Name hier den Herrscher über alle Tiere.
2.
Vgl. „Leben des Buddha“, S. 177 ff.
3.
Eine andre Handschrift hat die Lesart „ama janami“; auf Deutsch: „Ja, ich kenne dich“.
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