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J 332
{Sutta: J iii 106|J 332|J 332} {Vaṇṇanā: atta. J 332|atta. J 332}
Die Erzählung von der Wagenpeitsche
332
Rathalatthi-Jataka (Rathalaṭṭhijātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Obwohl er traf, schreit er: ‘Getroffen!’

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf den Hauspriester des Königs von Kosala. Als dieser nämlich sich einmal nach einem Dorfe begab, das ihm gehörte, und auf einem engen Wege dahinfuhr, sah er einen Wagenzug. Er rief: „Fahrt mit euren Wagen weg, fahret weg!“ und fuhr weiter. Als aber der vorderste Wagen nicht aus dem Wege fuhr, wurde er zornig und schleuderte seinen Peitschenstock nach dem Wagenlenker des vordersten Wagens. Der Stock aber traf nur das Joch das Wagens; deshalb prallte er ab, fuhr zurück und traf die Stirne des Hauspriesters, so dass sofort eine Beule auf der Stirne sich erhob. Der Hauspriester kehrte um und berichtete dem König, er sei von den Wagenführern geschlagen worden. Man rief die Wagenlenker, untersuchte die Sache und stellte dabei die Schuld des Hauspriesters fest.

Eines Tages nun begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, der Hauspriester des Königs hat geklagt, er sei von den Wagenlenkern geschlagen worden, ist aber bei dieser Klage selbst unterlegen.“ Da kam der Meister und sagte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten; „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch schon früher tat dieser derartiges.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva dessen Justizminister. Als sich aber der Hauspriester des Königs auf seinem Wagen nach einem ihm gehörigen Dorfe begab

[§D]

usw. ganz wie vorher.

Hier aber setzte sich der König, als ihm der Hauspriester dies meldete, selbst auf den Richterstuhl und ließ die Wagenlenker zu sich rufen. Ohne vorher die Sache zu untersuchen sagte er: „Ihr habt meinen Hauspriester geschlagen und dadurch veranlasst, dass auf seiner Stirn eine Beule entstand“, und entschied, man solle ihnen all ihr Eigentum nehmen.

Da sprach zu ihm der Bodhisattva: „Ihr, o Großkönig, lasst diesen Leuten alles nehmen, ohne die Sache untersucht zu haben. Manche aber, die sich durch sich selbst getroffen haben, sagen trotzdem: ‘Von einem andern sind wir getroffen worden.’ Darum passt es nicht für einen König, der das Rechte will, etwas ununtersucht zu tun; erst wenn man die Untersuchung geführt hat, soll man die Entscheidung fällen.“ Und er sprach folgende Strophen:

[§1] „Obwohl er traf, schreit er: ‘Getroffen!’ Obwohl besiegt, nennt er sich Sieger. Wer früher die Entscheidung fällte, der traute nicht nur einem, König. [§2] Wer drum von edler Kaste, Weiser, der soll auch auf den andern hören; wenn er der beiden Wort vernommen, mög' er entscheiden, wie es recht. [§3] Nicht gut ist's, wenn ein Laie träg den Lüsten lebt, nicht gut ist's, wenn ein Weltflüchtling sich nicht bezähmt; nicht gut ist's, wenn ein König nicht erst untersucht, nicht gut ist's auch, wenn zürnt ein weiser Mann. [§4] Entscheiden soll der König nach Verhör, nicht ohne Untersuchung, Völkerfürst; von dem, der nur nach Untersuchung handelt, wird Ruhm und Ehre, König, immer größer.“ —

Als der König die Worte des Bodhisattva vernommen, untersuchte er die Sache in Gerechtigkeit; als aber die Untersuchung in Gerechtigkeit durchgeführt war, stellte sich die Schuld des Brahmanen heraus.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Der damalige Brahmane war auch der jetzige Brahmane, der weise Minister aber war ich.“

Ende der Erzählung von der Wagenpeitsche

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