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J 352
{Sutta: J iii 157|J 352|J 352} {Vaṇṇanā: atta. J 352|atta. J 352}
Die Erzählung von Sujata
352
Sujata-Jataka (Sujātajātakaṃ) [1]
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Warum bist du denn so geschäftig?

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen Gutsbesitzer, dem sein Vater gestorben war. Als nämlich dessen Vater gestorben war, ging er wehklagend umher und konnte seinen Schmerz nicht bezwingen. —

Der Meister sah, dass er die Fähigkeit zur Erlangung der Frucht der Bekehrung besitze. Nachdem er in Savatthi seinen Almosengang gemacht, begab er sich mit dem ihn begleitenden Mönche in dessen Haus. Als er auf einem hergerichteten Sitze Platz genommen, fragte er den Gutsbesitzer, der nach ehrfürchtigem Gruße sich neben ihn gesetzt hatte: „Bist du betrübt, Laienbruder?“ Als dieser antwortete: „Ja, Herr“, sprach der Meister: „Lieber, als die Weisen der Vorzeit die Rede der Weisen vernommen, waren sie über den Tod ihres Vaters nicht mehr betrübt.“ Nach diesen Worten erzählte er, von jenem gebeten, folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva im Hause eines Gutsbesitzers seine Wiedergeburt. Man gab ihm den Namen „Prinz Sujāta“ [Sujātakumara]. Nachdem er herangewachsen war, starb sein Großvater. Der Vater des Bodhisattva aber war seit dem Tode seines Vaters von Schmerz überwältigt; er holte seine Gebeine von der Leichenstätte, errichtete in seinem Parke eine Pagode aus Erde und legte sie dort nieder. Immer, wenn er dorthin ging, verehrte er die Pagode mit Blumen, dachte nach und klagte; er badete nicht mehr, er besprengte sich nicht mehr mit wohlriechenden Substanzen, er aß nicht und er besorgte nicht mehr seine Geschäfte.

Als dies der Bodhisattva sah, dachte er: „Seitdem mein Großvater gestorben ist, ist mein Vater beständig vom Schmerz überwältigt. Außer mir aber kann ihn niemand wieder zur Vernunft bringen; durch eine List werde ich ihn von seinem Kummer befreien.“ Als er einmal außerhalb der Stadt ein totes Rind sah, holte er Gras und Wasser herbei, stellte dies vor das Rind und sprach: „Iss, iss, trinke, trinke!“ Alle Vorübergehenden, die ihn sahen, sagten: „Lieber Sujāta, bist du verrückt? Du gibst ja einer toten Kuh Gras und Wasser.“ Jener aber erwiderte nichts.

Als nun sein Vater in die Nähe kam, sagten sie ihm: „Dein Sohn ist verrückt geworden; er gibt einer toten Kuh Gras und Wasser“. Da dies der Gutsbesitzer vernahm, hörte sein Schmerz um seinen Vater auf und es entstand in ihm Kummer wegen seines Sohnes. Schnell kam er herbei und sagte: „Bist du nicht klug, mein Sohn Sujāta? Warum gibst du einer toten Kuh Gras und Wasser?“ Und er sprach folgende zwei Strophen:

[§1] „Warum bist du denn so geschäftig und mähest ab das grüne Gras und redest immer: ‘Iss doch, iss’, zu dieser toten alten Kuh? [§2] Denn nicht durch Speise und durch Trank kann aufstehn die gestorbne Kuh und zwecklos redest du daher, wie wenn du den Verstand verloren.“

Darauf sprach der Bodhisattva die folgenden zwei Strophen:

[§3] „Hier ist doch noch der Kopf vorhanden und die vier Füße und der Schwanz, die Ohren auch sind noch zu sehen: die Kuh kann wieder aufstehn, glaub ich. [§4] Doch bei dem Großvater sieht man den Kopf nicht mehr, nicht Hand, noch Füße; wenn du bei seinem Grabmal weinst, hast du nicht den Verstand verloren?“

Als dies der Vater des Bodhisattva hörte, dachte er bei sich: „Mein Sohn ist weise; er weiß, was man in dieser Welt und in einer anderen Welt tun muss. Er hat dies getan, um mich zu belehren.“ Und er sagte: „Mein kluger Sohn Sujāta, ich habe jetzt erkannt, dass alles Geschaffene dem Verfall unterworfen ist. Von jetzt an werde ich nicht mehr betrübt sein; so beschaffen muss ein Sohn sein, der seinen Vater vom Kummer befreien will.“ Nach diesen Worten sprach er zum Lobe seines Sohnes folgende Strophen:

[§5] „Da ich vor Kummer brannt' wie Feuer, in das man flüss'ge Butter schüttet, hat er mir allen Schmerz genommen, wie wenn er ihn mit Wasser löschte. [§6] Befreit hat er mich von dem Kummer, der mir in meinem Herzen wohnte, er, der den Vaterschmerz mir nahm, der mich bisher so ganz erfüllte. [§7] Jetzt bin ich frei von meinem Kummer, der Schmerz ist fort und ich bin heiter; nicht traure ich und weine fürder, nachdem ich dich gehört, mein Sohn. [§8] So machen es die weisen Menschen, die Mitleid haben mit den andern; sie machen sie von Kummer frei, so wie Sujāta seinen Vater.“
[§C]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangte jener Gutsbesitzer zur Frucht der Bekehrung): „Damals war ich Sujāta.“

Ende der Erzählung von Sujāta.

Anmerkungen:

1.
Dieser Name (= „der Wohlgeborene“) ist hier ausnahmsweise von einem Mann gebraucht [mit kurzem a am Ende]; die weibliche Form Sujatā [mit langem a am Ende] findet sich sehr oft in den Jātakas.
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