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J 389
{Sutta: J iii 298|J 389|J 389} {Vaṇṇanā: atta. J 389|atta. J 389}
Die Erzählung von dem goldenen Krebs
389
Suvannakakkata-Jataka (Suvaṇṇakakkaṭajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Gehörnt ist dieses Tier

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf die Lebensaufopferung des Ananda um seinetwillen.

[§D]

Die Begebenheit, soweit sie sich auf die Entsendung der Bogenschützen bezieht, ist im Khandahala-Jātaka [1], der Schrei des Elefanten Dhanapala im Cullahamsa-Jātaka [2] erzählt.

Damals aber begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, der Schatzmeister der Lehre [3] Ananda, der die für einen Schüler mögliche Vollkommenheit erreicht hatte, hat für den völlig Erleuchteten, als der Elefant Dhanapalaka kam, sein Leben aufgeopfert.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch schon früher opferte Ananda für mich sein Leben.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Ehedem befand sich an der Ostseite von Rajagaha ein Brahmanendorf, Salindiya mit Namen. Damals nahm der Bodhisattva in diesem Dorfe seine Wiedergeburt in einer Brahmanenfamilie, die das Feld bebaute. Als er herangewachsen war, sorgte er für seine Familie. Auf der Nordostseite dieses Dorfes pflügte er in der Ebene von Magadha ein Feld in der Größe von tausend Karisas.

Als er eines Tages mit seinen Leuten auf das Feld ging, befahl er seinen Arbeitern, sie sollten pflügen; er selbst begab sich, um sein Antlitz zu waschen, zu einem großen Teiche am Ende des Feldes. In diesem Teiche aber hauste ein goldfarbiger Krebs, sehr schön und lieblich anzusehen. Der Bodhisattva nun nahm einen Zahnstocher in den Mund und stieg in den Teich hinab. Während er sich das Antlitz wusch, kam der Krebs herbei. Jener hob ihn auf, legte ihn in sein Obergewand und nahm ihn so mit; nachdem er dann auf dem Felde seine Arbeit verrichtet, ging er wieder zu demselben Teiche, setzte den Krebs ins Wasser und kehrte nach Hause zurück.

Wenn er von da an auf das Feld kam, begab er sich zunächst nach jenem Teiche und legte den Krebs in sein Obergewand hinein; dann erst ging er seiner Arbeit nach. Auf diese Weise wurden sie miteinander sehr vertraut. Der Bodhisattva ging beständig auf das Feld. In seinen Augen aber waren die fünf Reize und die drei Kreise sehr klar sichtbar.

Ein Krähenweibchen aber sah von ihrem Neste uns, das sich am Ende des Feldes auf einer Fächerpalme befand, dessen Augen und bekam Lust sie zu fressen. Darum sprach sie zu ihrem Gatten: „Herr, ich habe ein Gelüste bekommen.“ „Was denn für ein Gelüste?“ „Ich möchte die Augen eines Brahmanen verzehren.“ „Da hast du ein böses Gelüste bekommen; wer wird sie dir herbeischaffen können?“ „Du kannst es nicht, das weiß ich. Aber in dem Ameisenhaufen, der unweit von dieser Fächerpalme sich befindet, haust eine schwarze Schlange. Dieser diene; sie wird jenen beißen und töten und dann kannst du ihm die Augen aushacken und sie mir bringen.“ Das Männchen gab seine Zustimmung und diente von da an der Schlange. Zur Zeit aber, als das vom Bodhisattva gesäte Getreide Sprossen bekam, war der Krebs groß geworden.

Eines Tages nun sprach die Schlange zur Krähe: „Freund, du wartest mir immer auf, was soll ich dir dafür tun?“ Das Krähenmännchen antwortete: „Gebieter, Eure Dienerin hat nach den Augen des Besitzers dieses Feldes ein Gelüste bekommen; weil ich durch Eure Macht dessen Augen erhalten möchte, darum warte ich Euch auf.“ Die Schlange erwiderte: „Gut, das ist nicht schwer; du sollst sie erhalten.“ Nachdem sie die Krähe so getröstet, legte sie sich am nächsten Tage an dem Wege, den der Bodhisattva kommen musste, an der Grenze des bewässerten Feldes im Gras verborgen nieder und wartete auf sein Kommen.

Als nun der Bodhisattva kam, stieg er zuerst in den Teich hinab und wusch sich das Gesicht; dann betätigte er seine Liebe, indem er den Goldkrebs aufhob und in sein Obergewand hineinlegte. Hierauf ging er auf sein Feld. Als die Schlange ihn kommen sah, schnellte sie rasch empor und biss ihn in des Fleisch seiner Wade, so dass er bei dem Ameisenhügel niederfiel; dann machte sie sich davon. Sobald aber der Bodhisattva hinfiel, sprang der Goldkrebs aus dem Gewande heraus und in demselben Augenblick kam das Krähenmännchen herbei und setzte sich dem Bodhisattva auf die Brust.

Als die Krähe sich niedergesetzt hatte, streckte sie ihren Schnabel nach den Augen des Bodhisattva aus. Da dachte der Krebs: „Durch diese Krähe ist mein Freund in Not gekommen; wenn ich sie fasse, wird die Schlange kommen.“ Er fasste wie mit einer Schmiedezange die Krähe mit seinen Scheren fest am Halse. Als er müde wurde, fasste er sie etwas loser. Da rief die Krähe die Schlange herbei, indem sie schrie: „Freund, warum lässt du mich allein und läufst fort? Ein Krebs plagt mich; komme sogleich, damit ich nicht sterbe.“ Und sie sprach folgende erste Strophe:

[§1] „Gehörnt ist dieses Tier mit stieren Augen, die Haut wie Knochen, haarlos, stets im Wasser. Von ihm besiegt schrei ich in meiner Not: holla, mein Freund, warum verlässt du mich [4]?“

Als dies die Schlange hörte, stellte sie hoch ihren Schwanz auf und kam herbei, die Krähe tröstend.

Während der Meister diese Begebenheit schilderte, sprach er, der völlig Erleuchtete, folgende zweite Strophe:

[§2] Mit aufgeblähter Brust und steifem Schweif, so ging die Schlange zu dem Krebse hin, als Freund dem Freunde Rettung zu erwirken; doch auch die Schlange packte fest der Krebs.

Als aber der Krebs müde geworden war, fasste er auch sie etwas loser. Da dachte die Schlange: „Die Krebse fressen doch weder Krähenfleisch noch Schlangenfleisch; aus welchem Grunde hat er uns beide gepackt?“ Und indem sie den Krebs fragte, sprach sie folgende dritte Strophe:

[§3] „Ein Krebs ist doch auf Krähen nicht versessen, noch auf die Schlangen, um ihr Fleisch zu fressen; ich frage dich mit deinen stieren Augen, warum hast du uns beide denn gepackt?“

Als dies der Krebs hörte, sprach er, um den Grund zu erzählen, warum er sie gepackt, folgende zwei Strophen:

[§4] „Der Mann hier liebte immer meinen Vorteil; er nahm mich aus dem Wasser mit sich fort. Nachdem er tot, bin ich in tiefer Trauer, denn ich und er, wir sind nicht mehr beisammen. [§5] Wenn sie mich sehn mit meinem großen Körper, wird alles Volk bestrebt sein, mich zu töten, denn süß ist ja mein Fleisch und weich und kräftig; auch Krähen töten mich, wenn sie mich sehen.“

Da dies die Schlange hörte, dachte sie: „Durch eine List werde ich den Krebs betrügen und so die Krähe und mich frei machen.“ Und um ihn zu täuschen, sprach sie folgende sechste Strophe:

[§6] „Wenn darum du uns beide hast gepackt, so stehe auf der Mann; ich hol das Gift heraus. Befreie nur mich und die Krähe rasch, bevor das Gift wird wirksam und ihn tötet.“

Als dies der Krebs vernahm, dachte er: „Diese Schlange will mit einer List mich veranlassen, dass ich sie beide loslasse, und dann davoneilen. Sie kennt nicht meine Erfahrung in den Listen. Ich will jetzt, damit die Schlange sich bewegen kann, die eine Schere los machen; die Krähe aber werde ich nicht loslassen.“

Indem er so bei sich dachte, sprach er folgende siebente Strophe:

[§7] „Die Schlange mach ich los, doch nicht die Krähe; gefesselt bleibe unterdes die Krähe. Doch wenn den Mann heil und gesund ich sehe, so lass die Kräh' ich los wie jetzt die Schlange.“

Nach diesen Worten aber machte er, damit sich die Schlange leicht bewegen konnte, die eine Schere los. Die Schlange sog das Gift heraus und machte so den Körper des Bodhisattva frei vom Gift. Ohne Schmerz erhob er sich und stand wieder da mit seinem früheren Aussehen. Der Krebs aber dachte: „Wenn diese beiden gesund bleiben, wird für meinen Freund kein Nutzen daraus entstehen; ich werde sie vernichten.“ Er schnitt beiden, wie Lotosknospen mit einem Messer, die Köpfe mit seiner Schere ab und tötete sie so. Auch das Krähenweibchen entfloh von diesem Orte. Darauf zerschlug der Bodhisattva den Körper der Schlange mit einem Stocke und warf ihn in das Gebüsch; den Goldkrebs verbrachte er wieder in den Teich, badete und kehrte dann in sein Dorf Salindiya zurück. Von da an hatte er noch festere Freundschaft mit dem Krebse.

[§C]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, sprach er, um das Jātaka zu verbinden, folgende Schlussstrophe:

[§8] „Die Krähe war zu der Zeit Devadatta, die schwarze Schlang' jedoch war Mara; Ananda war der liebevolle Krebs, doch ich war damals der Brahmane.“
[§A2]

Am Ende der Verkündigung der Wahrheiten wurden viele bekehrt u. dgl.

Das Krähenweibchen aber wurde in der Strophe nicht erwähnt, es war die junge Brahmanin Cinca.

Ende der Erzählung von dem Goldkrebs

Anmerkungen:

1.
Jātaka 542.
2.
Jātaka 533.
3.
Ein oft gebrauchter Ehrenname Anandas. Zur Sache vgl. „Leben des Buddha“, S. 172 ff.
4.
Dies ist auch die erste Strophe des 267. Jātaka.
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