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Die Lehren über Dankbarkeit
(alte ATI-Ausgabe)
von
Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
Laien für ZzE
Alternative Übersetzung: noch keine vorhanden
Alternative Version: Neuausgabe 2018
Diese zwei Personen findet man schwer in der Welt. Welche Zwei? Jene, die einen Gefallen im Voraus tut, und jene, die sich für einen Gefallen rückverpflichtet fühlt. Diese zwei Personen findet man schwer in der Welt.

AN 2.118

Indem Buddha bemerkt, daß dankbare und erkenntliche Leute sehr rar sind, macht er nicht einfach eine rauhe Bemerkung über die Menschheit. Er rät dir, solche Menschen, wenn du ihnen begegnest, wie einen Schatz zu sehen, und, noch wichtiger, zeigt er dir, wie du selbst so eine seltene Person werden kannst.

Güte und Dankbarkeit sind Tugenden, die du kultivieren kannst, jedoch müssen sie gemeinsam kultiviert werden. Das eine braucht das andere, um authentisch zu sein. Eine Sache, die deutlich wird, wenn du über die drei wichtigsten Merkmale von Güte, die aus dem Herzen kommt, betrachtest:

  1. Du hast selbst von Handlungen anderer profitiert.
  2. Du vertraust den Motiven hinter diesen Handlungen.
  3. Du hast ein Gefühl, daß die andere Person aus sich herausgeht, um diese Güte zu geben.

Der erste und der zweite Punkt sind Hinweise, daß Dankbarkeit Güte lehrt. Wenn du wirklich gütevoll sein möchtest, muß sie auch von Nutzen sein. Keiner möchte der Empfänger von „Hilfe“ sein, die nicht wirklich nützlich ist. Und du mußt den Nutzen in so einer Weise transportieren, daß dieser Respekt und Empathie für die Bedürfnisse der anderen Person zeigt. Keiner möchte ein Geschenk mit kalkulierten Motiven, oder in einer unvorbereiteten wie auch keiner verächtlichen Weise, erhalten.

Der zweite und der dritte Punkt sind Hinweise, daß Güte Dankbarkeit lehrt. Nur wenn du gegenüber anderen Personen gütevoll warst, wirst du den Gedanken akzeptieren, daß andere dir gegenüber gütevoll sein können. Zur selben Zeit erkennst du die Anstrengung, mit der du gütevoll gegenüber einer anderen Person sein konntest. Gütevolle Impulse haben oft mit gemeinen Impulsen im Herzen zu kämpfen und es ist daher nicht immer leicht, zu helfen.

Manchmal erfordert es große Opfer, Opfer die dann möglich sind, wenn du Vertrauen hast, daß die Hilfe für den Empfänger von gutem Nutzen ist. Wenn du also am empfangenden Ende so einer Opfergabe wie dieser bist, merkst du, daß du dir eine Pflicht zugezogen hast, eine Schuld, dieses Vertrauen der anderen Person ebenfalls zurückzugeben. Das ist der Grund, warum Buddha immer über Dankbarkeit als Antwort auf Güte sprach, und er setzte es nicht generell mit Wertschätzung gleich. Es ist eine spezielle Art der Wertschätzung, die zu einer anspruchsvollen Entgegnung anregt. Der Unterschied ist bestens durch zwei Passagen, wo Buddha das Gleichnis des Tragens benutzte, illustriert:

Die erste Passage handelt von Wertschätzung der generellen Art:

„Und der Mann sammelte Gras, Zweige, Äste und Blätter und band sie zu einem Floß zusammen, und mit Hilfe des Floßes, und indem er sich mit Händen und Füßen abmühte, gelangte er sicher ans andere Ufer. Dann, nachdem er übergesetzt hatte und auf der anderen Seite angelangt war, dachte er möglicherweise: 'Dieses Floß war mir sehr nützlich, da ich mit seiner Hilfe, und indem ich mich mit Händen und Füßen abmühte, sicher ans andere Ufer gelangte. Angenommen, ich würde es mir auf den Kopf hieven oder auf die Schulter laden, und dann gehen, wohin ich wollte.' Nun, was meint ihr? Würde jener Mann bei solcher Vorgehensweise das tun, was er mit jenem Floß tun sollte?"

"Nein, ehrwürdiger Herr."

"Mit welcher Vorgehensweise würde jener Mann das tun, was er mit jenem Floß tun sollte? Nachdem jener Mann übergesetzt hatte und auf der anderen Seite angelangt war, dachte er möglicherweise: 'Dieses Floß war mir sehr nützlich, da ich mit seiner Hilfe, und indem ich mich mit Händen und Füßen abmühte, sicher ans andere Ufer gelangte. Angenommen ich würde es ans trockene Land ziehen oder es auf dem Wasser treiben lassen, und dann gehen, wohin ich wollte.' Nun, mit solcher Vorgehensweise würde jener Mann das tun, was er mit jenem Floß tun sollte.“

MN 22

Die zweite Passage handelt von einer bestimmten Art der Dankbarkeit:

"Ich sage euch, Bhikkhus, da sind zwei Leute, die nicht leicht zu vergelten sind. Welche zwei? Eure Mutter und euer Vater. Selbst wenn Ihr für einhundert Jahre eure Mutter auf einer Schulter und euren Vater auf der anderen Schulter tragen würdet, und euch um sie darin kümmern würdet, sie zu sablen, massieren, zu baden und ihre Glieder zu reiben und diese zugleich dort [auf euren Schultern] defäkieren und urinieren würden, würdet Ihr in dieser Weise eure Eltern nicht vergelten. Wenn Ihr eurer Mutter und eurem Vater die völlige Herrschaft über die große Erde herstellen würdet, im Überfluß der sieben Schätze, würdet Ihr in dieser Weise eure Eltern nicht vergelten. Warum ist dem so? Mutter und Vater tun viel für ihre Kinder. Sie sorgen für sie, sie ernähren sie, sie stellen sie dieser Welt vor.

Doch jeder, der seine ungläubige Mutter und ungläubigen Vater aufweckt, Vertauen in ihnen besiedelt und festigt; seine untugendhafte Mutter und untugendhaften Vater aufweckt, Tugend in ihnen besiedelt und festigt; seine geizige Mutter und geizigen Vater aufweckt, Großzügigkeit in ihnen besiedelt und festigt, seine törichte Mutter und seinen törichten Vater aufweckt, Einsicht in ihnen besiedelt und festigt: In diesem Maße vergütet und vergilt einer seine Mutter und seinen Vater."

AN 2.32

Mit anderen Worten zeigt die erste Passage, daß es vollkommen in Ordnung ist, wenn du Nutzen aus dem Floß oder anderen Dienlichkeiten wertschätzt, ohne die Notwendigkeit zu verspüren, diesen etwas zurück zu erstatten. Du bist mit ihnen umsichtig, aus dem einfachen Grund, weil es dir ermöglicht, mehr Nutzen aus ihnen zu ziehen. Dasselbe gilt für schwierige Personen und Situationen, die dich dazu gebracht haben, einen starken Charakter zu entwickeln. Du kannst es wertschätzen, daß du Ausdauer in der Arbeit mit dem Unkraut auf deinem Rasen gelernt hast, oder Gelassenheit im Umgang mit deinem unmöglichen Nachbarn gewonnen hast, ohne daß dir da eine Schuld gegenüber dem Unkraut, oder irgendeine Pflicht gegenüber deinem Nachbarn, erwachsen ist. Alles in allem kamen sie nicht freundlich aus sich heraus, um dir zu helfen. Und wenn du sie als ein Vorbild nehmen würdest, würdest du die falsche Lektion über Güte lernen: daß einfach den natürlichen Impulsen zu folgen, oder schlimmer sogar, sich unmöglich zu benehmen, eine Art wäre, gütig zu sein.

Pflicht zur Dankbarkeit gebührt nur Eltern, Lehrern und anderen Gönnern, die mit einem Wohlwollen dir gegenüber gehandelt haben. Sie sind aus sich heraus gegangen, um dir zu helfen und haben dir damit wertvolle Lektionen über Güte und Empathie auf diesem Wege gelehrt. Im Falle des Floßes tust du am besten daran, wenn du deine Dankbarkeit an jene richtest, die dich gelehrt haben, ein Floß zu bauen. Im Falle des Unkrauts und des Nachbarn, richte deine Dankbarkeit auf Leute, die dich gelehrt haben, Abneigung zu überwinden. Wenn da Nutzen sind, die du von Dingen oder Situationen erhalten hast und du dich nicht bewusst an einen Verursacher in diesem Leben erinnern kannst, sei dir selbst für dein gutes Karma in der Vergangenheit dankbar, welches dir erlaubt hat, daß diese Dinge passieren. Und sei dankbar über das gute Karma, das es dir erlaubt durch andere vorausgehend Nutzen zu ziehen und Dinge zu erhalten. Wenn du da kein Positives auf deinem Konto hättest, wären sie nicht in der Lage dich zu erreichen.

So wie Buddha es in der zweiten Passage aufzeigte, benötigt die Pflicht der Dankbarkeit gegenüber deinen Gönnern keiner Form eines Dies für Das und sollte nicht ausschließlich an sie gerichtet sein. Nun ist die Schuld gegenüber deinen Eltern, dafür daß sie dir die Geburt ermöglicht haben und dir die Welt vorgestellt haben, immens. In manchen Abschnitten empfahl Buddha, die Dankbarkeit ihres Mitgefühles mit persönlichen Diensten auszudrücken.

Mutter und Vater, aufopfernd für deren Familie, nennt man Götter, die ersten Lehrer, jene, die Geschenke von ihren Kindern verdienen. So tut der Weise gut daran, ihnen zu huldigen, sie mit Speise zu ehren, Gewand und Bett zu salben sie, zu baden und ihre Füße zu waschen. In dem er diese Dienst an den Eltern tut, wird der Weise hier und jetzt gepriesen und nach dem Tode das Himmelreich genießen.

Iti 106

Wie auch immer zeigt AN 2.32, daß der einzige Weg, deinen Eltern etwas zurück zu geben, jener ist, in ihnen die vier Qualitäten, Vertrauen, Tugend, Großzügigkeit und Einsicht, zu stärken. Um dies zu tun, mußt du natürlich selbst erst diese Qualitäten entwickeln, wie auch lernen, großes Taktgefühl aufzubringen, um ein Beispiel für die Eltern sein zu können. Wie es so ist, sind dies auch die vier Qualitäten eines vortrefflichen Freundes (AN 8.54), was bedeutet, daß du im Zurückzahlen an deine Eltern zu einer Sorte von Person wirst, die für andere ebenfalls ein vortrefflicher Freund sein wird. Du wirst zu einer Person von Rechtschaffenheit, die, wie dies Buddha herauszeichnete, durch Dankbarkeit gelernt hat, wie man nichtverletzend in allen Angelegenheiten ist und Hilfe mit einem einfühlsamen Herzen gibt: Respektvoll, zum passenden Zeitpunkt und mit einem Gespür, sodaß etwas Wohlwollendes dabei heraus kommt (MN 110; AN 5.148). In dieser Weise vergütest du die Güte deiner Eltern, indem du es zuläßt, es über den kleinen Kreis deiner Familie hinaus in die weite Welt zu verbreiten, bei weitem zurück. Indem du dies tust, vergrößerst du auch deren Kreis von Güte.

Dieses Prinzip paßt auch zu deinen Lehrern, wie Buddha seinen Schülern erklärte:

"Ihr denkt also folgendes von mir: 'Der Erhabene ist voller Mitgefühl und trachtet nach unserem Wohlergehen; er lehrt das Dhamma aus Mitgefühl.'" "Also, diese Dinge, die ich euch gelehrt habe, nachdem ich sie unmittelbar erkannt habe - nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit, die vier richtigen Anstrengungen, die vier Machtfährten, die fünf spirituellen Fähigkeiten, die fünf Kräfte, die sieben Erleuchtungsfaktoren, den Edlen Achtfachen Pfad."

— MN 103

Mit anderen Worten ist der Weg, um einem Lehrer sein Mitgefühl und sein Wohlwollen in seinem Lehren zurückzuzahlen, sich dessen anzunehmen, die Lektionen selbst gut zu erlernen. Nur dann kannst du den guten Einfluß dieser Lektionen verbreiten.

Was die Pflichten, die du dir selbst für dein vorangegangenes gute Karma schuldest, betrifft, ist der beste Weg, diesen Nutzen als Möglichkeit für weiteres gutes Karma zu sehen und nicht einfach die Freude und Annehmlichkeit, die dieses gewährt, zu genießen. Hier ist es wieder wichtig, sich an die Mühe zu erinnern, die mit geschicktem Handeln in Verbindung steht, und damit die vergangenen geschickten Absichten entsprechend zu ehren, ohne sie einfach in der Gegenwart zu verschwenden. Wie zum Beispiel Ajaan Lee einst sagte: „Es ist nicht einfach, einen menschlichen Mund zu erlangen, daher verbeuge dich jeden Tag vor deinem Mund.“ Mit anderen Worten, respektiere deine Fähigkeit, zu kommunizieren, und nutze sie nur, um etwas zeitgerecht, nutzvoll und wahrheitsgetreu zu sagen.

Dies sind ein paar Lektionen über Güte und Einfühlungsvermögen, die gut ausgerichtete Dankbarkeit lehren kann. Lektionen, die dir lehren, wie man mit Reife und Verantwortung im Geben umgeht und sie im sozialen Leben nützt. Es ist daher kein Wunder, daß Buddha Dankbarkeit als die Qualität bezeichnet, die er mit „zivilisiert sein“ gleich stellte. (AN 2.31).

Aber gut ausgerichtete Dankbarkeit kann auch Lektionen für ein weiteres Training des Geistes sein.

Zuerst sind da die Lektionen, die die Natur des menschlichen Handelns selbst berührt. Das Gefühl, daß du aus den Taten anderer Personen einen Nutzen gezogen hast, unterstreicht den Punkt, daß Handlungen zu Resultaten führen; Die Bedeutung, die du den Absichten anderer Personen gibst, unterstreicht den Punkt, daß die Qualität der Handlungen in der Absicht dahinter liegt; und das Gefühl, daß andere Personen aus sich heraus gehen, um dir zu helfen, unterstreicht, daß Handlungen nicht vollkommen vorbestimmt sind. Du fühlst dich den Personen, die dir geholfen haben, verpflichtet, da du weißt, wie leicht sie dieses auch nicht hätten tun können, und wie schwer dein Leben wäre, wenn sie sich dagegen entschloßen hätten. Deine Eltern, zum Beispiel, hätten dich nicht aufziehen müssen, oder sich darum kümmern müssen, daß dies ein anderer tut. Sie hätten dich abtreiben lassen oder sterben lassen können. Der Umstand, daß du am Leben bist, bedeutet, daß sich immer und immer wieder jemand angenommen hat, dir dort zu helfen, wo du hilflos warst. Dieses Element der Auswahl zu fühlen, ist was dir ein Gefühl der Verpflichtung gibt.

Alle drei Punkte, die Wirksamkeit von Taten, die Wichtigkeit von Absichten und die Existenz einer Auswahlmöglichkeit, waren charakteristische Merkmale in Buddhas Lehren über Handlungen. Und die emotionale Resonanz, die Dankbarkeit und Mitgefühl in Verbindung mit diesen Punkten hervorrufen, mag der Grund sein, warum Buddha, wenn er die Grundlagen seiner Lehre herauszeichnete, Themen verbunden mit diesen Emotionen anführte: Der Wert des Gebens und die Pflicht der Dankbarkeit gegenüber den Eltern (MN 117). Er konnte den Zuhörern keinen Beweis für diese drei Punkte anbieten, da diese nur mit deren Erfahrung des Erwachens aufkommen würde, aber indem er zeigte, daß seine Lehren über Handlungen Großzügigkeit eine Bedeutung geben und Dankbarkeit eine Bedeutung hat, gab er seinen Zuhörern einen emotional befriedigendene Grundlage, seine Worte annehmen zu können.

Dankbarkeit gibt auch Übung im Entwickeln von Qualitäten, die in der Meditation notwendig sind. Wie Buddha anführte, hängt die Praxis von Konzentration von der Kraft der Erkenntnisfähigkeit ab. Das Training in Dankbarkeit zeigt, wie kraftvoll Erkenntnis sein kann, da dies das Entwickeln einer Reihe von Sichtweisen über das Leben und die Welt benötigt. Wenn du Hilfe als etwas erniedrigendes empfindest, dann fühlt sich Dankbarkeit auch erniedrigend an; wenn dein Verständnis jedoch als ein Ausdruck des Vertrauens hilft (die andere Person würde dir nicht helfen, wenn sie nicht meinte, daß dir die Hilfe gut nützt), wird Dankbarkeit zu einem noblen Gefühl, einer Unterstützung für das Selbstwertgefühl. Wenn du das Leben gleichsam als einen Wettkampf ansiehst, ist es schwierig, den Absichten anderer, die dir helfen wollen, Vertrauen zu schenken, und du missachtest die Notwendigkeit, deren Hilfe zurückzugeben, als eine überflüssige Bürde. Wenn du, wie immer, der Ansicht bist, daß die Gutherzigkeit im Leben ein Resultat der Kooperation ist, wird das Geben und Nehmen von Güte und Dankbarkeit ein sehr viel angenehmerer Austausch.

In gleicher Weise erfordert Dankbarkeit Achtsamkeit. In der originalen Bedeutung Buddhas Worte, heißt Achtsamkeit, etwas im Geist zu behalten. Tatsächlich reicht diese Verbindung der zwei Qualitäten bis in die Sprache hinein. Im Pali bedeutet das Wort für Dankbarkeit, kataññu, ein Gefühl dafür zu haben, was getan wurde. In SN 48.10 definiert Buddha Achtsamkeit als „Erinnern, fähig sein sich Dinge in den Geist zu rufen, die getan wurden und gesagt wurden vor langer Zeit“. An die Anleitungen unserer Eltern, als wir Kinder waren, und sich der Güte anderer zu erinnern, sind unsere ersten Lektionen über Achtsamkeit. So wie wir unser Gefühl für Dankbarkeit entwickeln, gehen wir daran, die Qualitäten unseres Geistes zu stärken.

Wir auch immer sind nicht alle gelehrten Lektionen von Dankbarkeit von einer herzerwärmenden Sorte. Anstelle dessen geben sie ein Gefühl von samvega, welches als Erschrecken oder Terror übersetzt werden kann, darüber, wie gefährlich und riskant die Güte der Welt sein kann. Um damit zu beginnen, ist da die Tatsache, daß du dir nicht aussuchen kannst, gegenüber welcher Güte du verpflichtet sein wirst. Da ist keine Vorgabe, welche Eltern du bekommst. So wie Buddha anmerkte, sind manche Eltern geizig, untugendhaft und dumm. Nicht nur, daß sie deren Kinder nötigen, mögen sie auch wenig zufrieden oder gar unerfreut mit der Rückvergütung, wie sie Buddha als die beste empfahl, sein. Sie mögen einen ungerechtfertigten Preis als Rückvergütung verlangen, der Handlungen erfordert, die geradewegs verletzend für dich, sie selbst und andere sind. Und dennoch enthebt dich dieses nicht von der Pflicht der Dankbarkeit für den einfachen Umstand, daß sie es dir ermöglicht haben, am Leben zu sein.

Du hast vielleicht schon einmal von der Passage gehört, in der Buddha sagt:

„Ein Wesen, das nicht in der Vergangenheit deine Mutter war, ist schwer zu finden... Ein Wesen, das nicht dein Vater... dein Bruder... deine Schwester... dein Sohn... deine Tochter in der Vergangenheit war, ist nicht leicht zu finden. Warum ist dem so? Aus dem unerdenkbarem Beginn kommt dieser Umlauf der Geburten.“

Wenn du daran denkst, wie schwierig jede dieser Beziehungen sein kann, ist es nicht überraschend, daß Buddha nicht sagte, daß dich dies mit einem warmherzigen Gefühl gegenüber allen Wesen, die du triffst, werden läßt. Er sagte, daß dies samvega hervorruft:

„Lange hast du diesen Stress empfunden, Schmerz empfunden, Verlust empfunden, das Leichenfeld vergrößert, genug um desillusioniert gegenüber allen bedingen Dingen zu sein, genug um leidenschaftslos zu sein, genug um davon abzulassen.“

SN 15.14-19

Selbst die Pflicht der Dankbarkeit, die du dir selbst für deine guten Taten, die du getan hast, schuldest, veranlassen zu einem Gefühl des Unbehagens. Du weißt, daß nicht alle deinen vergangenen Absichten geschickt waren, und jetzt sind sie Dinge, die die Umstände deines Lebens jetzt und in Zukunft zeichnen. Du bist nun in der schwierigen Situation, die genügt um dich dazu zu bringen, einen Weg aus diesem Netzwerk von Güte und Dankbarkeit, die alles was in dieser Welt an Gutherzigkeit am Bestehen erhalten, finden zu wollen.

Verlangen wächst noch stärker, wenn dein Einfühlsvermögen dir erlaubt, an jene zu denken, die ungewollt Opfer bringen mußten, um dich am Leben zu erhalten. Jeden Tag, riet Buddha, solltest du über die Tatsache reflektieren, daß Leben von den Notwendigkeiten wie Speise, Kleidung, Unterkunft und Medizin abhängt. Viele sind Wesen, die sterben mußten oder Mühen dafür erlitten, weil du von diesen Dingen abhängst. Im Gegensatz zu dem Stück das Mahlers vierte Symphonie abschließt, springen Lämmer nicht fröhlich in den Kochtopf, aus dem du dich ernährst. Und selbst wenn du dich zu einer vegetarische Diät entschließt (solltest du in der glücklichen Position sein, entscheiden zu können, welche Art von Speise du ißt), schuldest du noch immer dem Bauern, den Arbeitern und jenen Wesen, die unter den harten Umständen litten, um dir deine Notwendigkeiten zu besorgen, enorme Dankbarkeit.

Dieses Gefühl von Verschuldung, die dieses Reflektieren hervorruft, geht weit über Dankbarkeit hinaus, und es ist meist nicht angenehm, darüber nachzudenken. Das mag der Grund dafür sein, warum so viele Menschen versuchen, zu verdrängen, daß sie anderen gegenüber eine Pflicht von Dankbarkeit haben. Oder warum jene, die nur dazu ermutigen, Nachsinnen über Dankbarkeit als eine Quelle des Glücks zu sehen, dazu tendieren dieses zu einem gewöhnlichen Gefühl der Wertschätzung und Zufriedenheit zu machen (in den Worten eines Dichters: „Wollen, was immer du hast“, „Wissen, daß du hast und bist, ist genug“) und jede Art von Sinn von Verpflichtung abweisen. Dankbarkeit dieser Art tendiert dazu, auf Sachen abzuzielen, da Dankbarkeit gegenüber Gegenständen viel leichter ist als Dankbarkeit gegenüber dem Gönner. Dinge machen keine Ansprüche geltend. Sie leiden nicht und sie vermischen ihre Güte nicht mit Nötigung.

Da ist nun mal kein Weg um die Tatsache herum, daß unsere Leben von der Güte und der Mühsal anderer abhängig sind, und wir können diesem Resultat der Schuld nicht dadurch entkommen, indem wir dies kaltherzig verneinen oder unbekümmert wegwischen. Wenn wir diese nicht jetzt zurückzahlen, müssen wir sie, manchmal zu einem höheren Preis, später zurückzahlen, da selbst der Tod uns nicht von den Schulden enthebt oder uns davon befreit, zurückzukommen und mehr zu verursachen.

Um dieser Verstrickung zu entkommen, benötigen wir andere Wege heraus, einen Weg den Buddha durch das Training seines Geistes fand, um ein Glück zu erreichen, das nicht länger von der Güte und den Opfern anderer anhängig ist. Und auch wenn dieses Glück ein Entfernen ermöglicht, ist es kein Realitätsfernes. Es begleicht deine Schuld in einer verantwortungsvollen und großzügigen Weise.

Dies deshalb, da unbedingtes Glück dir erlaubt die Begierde und die Anhaftung, durch welche du wiederholend die Identität eines Wesens annimmst, abzulegen. Dich selbst als ein Wesen zu identifizieren, bedeutet physische und mentale Nahrung suchen zu müssen, um diese Identität aufrecht zu erhalten. Das ist der Grund, warum du, wenn du ein Wesen bist, an einem Netzwerk von Güte, Dankbarkeit und Opfern teilnehmen mußt. Aber wenn du dieses Bedürfnis zur Identität abgelegt hast, muß der Geist nicht mehr länger gefüttert werden. Was den Körper betrifft, solange du am Leben bist, erhalten jene, die für seine Bedürfnisse sorgen, ein vielfaches gegenüber den Geschenken die sie tun, an Verdiensten zurück. Dies ist de facto eines der Motive, um Erwachen erreichen zu wollen:

'Wir wollen uns mit jenen Dingen beschäftigen und uns in jenen Dingen üben, die einen zum Mönch machen, die einen zum (wahren) Brahmanen machen, so daß unsere Bezeichnung zutreffend und unser Anspruch echt sein möge, und daß die Dienste jener, deren Roben, Almosenspeise, Lagerstätte und Medizin wir benutzen, ihnen große Frucht und Nutzen bringen werden, und daß unser Auszug in die Hauslosigkeit nicht umsonst, sondern fruchtbar und nützlich sein wird.'

MN 39

Zur selben Zeit ist das Beispiel deines Verhaltens und deiner geistigen Freiheit ein Geschenk für andere und zeigt anderen gleichermaßen, daß sie sich von diesen Pflichtschulden befreien können. Das ist der Grund, warum Buddha sagt, daß nur jene, die volles Erwachen erreicht haben, Almosenspeise des Landes ohne Schuld auf sich zu nehmen, essen können. Sie haben sogar die Verpflichtung gegenüber Buddha für das Lehren des Weges zurückgezahlt. So wie er sagte, daß die einzige Ehrerweisung, die er von Leuten erwarte sei, das Dhamma in Übereinstimmung mit dem Dhamma zu praktizieren. Mit anderen Worten, Deillusion und Leidenschaftslosigkeit, die zur Befreiung führen, zu entwickeln (DN 16; SN 22.39-42), sodaß die Welt nicht leer von Erwachten Wesen sei. Auf diese Weise ist das Erreichen der vollkommenen Befreiung ganz und gar kein selbstsüchtiger Akt sondern der höchste Ausdruck von Güte und Dankbarkeit.

Sicherlich ist es sehr selten, daß eine Person diese Route zur Freiheit wählt, aber dies macht es nicht weniger wertvoll oder weniger relevant. So wie dies mit Dankbarkeit und Gönnern ist, ist es eine Gelegenheit, etwas Seltenes und Unverwechselbares zu werden und für jene mit dem Erkenntnisvermögen, dies wertzuschätzen zu können und die Entschlossenheit haben, wirklich gütevoll und frei von Schulden zu werden, ein Weg, der offen ist.

Siehe auch: Der richtige Blickwinkel: Es ist niemals falsch, vom Ehrw. Luang Por Liam Thitadhammo und Dankbarkeit, vom Ehrw. Maha Boowa Ñanasampanno.