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Die Nahrung der Freundlichkeit
von
Ehrw. Ayya Medhanandi
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
jb für ZzE
Alternative Formate: [PDF icon]

Meine Almosenschale ist der Mittelpunkt meines Leben. Das Symbol der theravada - buddhistischen klösterlichen Tradition in der ich gelehrt wurde, ist die Seele meines Bettelganges - mit leeren Händen vor dem Laienstand treten, um materielle Nahrung zu empfangen und auf ihre Großzügigkeit zu reagieren. Manchmal gilt es dies mit einer Lehre Buddhas, manchmal mit einem Segen oder einfach einem Ausdruck von Dankbarkeit und von Freundlichkeit, zu erwidern.

Ich bin ein Bettler und ich muß auch ehrlich sein. Es ist nicht leicht ein wirklicher Bettler zu sein. Ich muß es wert sein, von der Freundlichkeit anderer genährt und mit all meinen Bedürfnissen versorgt zu werden. Dieser Weg ist ein seltener und ein besonderer, so wie Großzügigkeit in einer Welt so getrieben von Gier und Eigensinnigkeit.

Den spirituellen Pfad mit Rechtschaffenheit zu kultivieren erfordert vieles von einem Bettler, zuerst eine vertauensvolle Zuneigung zur Vinaya, dem Kodex nach dem ich lebe, wie auch eine ernsthafte Anerkennung und Respekt gegenüber meinen Unterstützern, deren Demut und harte Arbeit um all die Gaben zu organisieren, zu bringen und dies selbst bei großer erforderlicher Aufopferung zu teilen.

Diese Qualitäten durch eine Wachsamkeit des Herzens zu entwickeln ist in einer großen, gut fundierten Institution, schwierig zu üben. In jenen Tagen in denen meine klösterlichen Bedürfnisse, besonders Mahlzeiten gänzlich vorhanden, gesichert und reichlich waren, verwendete ich Selbst-Enthaltsamkeit, um mich an den Wert von allem zu erinnern, was uns gegeben wurde. Bei Gelegenheit begaben wir uns auch auf tudong oder gingen um Almosen in nahe gelegenen Dörfern um das, was immer wir empfangen sollten, als unsere Malzeit für diesen Tag anzunehmen. Aber es handelte sich nur um temporäre Art Bedürfnisse zu decken - keine anhaltende Art des Lebens. Sie gaben eine Vorgeschmack eines heroischen Abenteuers, aber konnten schwerlich das tägliche Schärfen der spirituellen Bemühungen veranschaulichen.

Es war erst nachdem ich das Mutterkloster verließ, um in Neuseeland, einem nicht-buddhistisches Land alleine zu wohnen, dass ich, als ich Zeiten in denen ich physischen Hunger und kraftlose Isolation erlebte, wahre Auswahllosigkeit kennen lernte. Dies trieb mich auf ein Niveau des Vertrauens, dass ich mir niemals zu vor abverlangt habe, speziell an Tagen, an denen ich sehr wenig, wenn überhaupt etwas dienliches für eine Mahlzeit empfing.

Und so erlernte ich über die Leere meiner Schüssel zu meditieren - bewußt das Verlangen nach Nahrung abzutreten und Hunger zu akzeptieren. Hunger mit Vertrauen zu tragen, führte mich über Verzweiflung hinaus, zu Dankbarkeit und Freude an allem was ich empfing - ein Gefühl von Fülle, das nicht aus Speisen entstand.

Diese Härten ließen mich reifen. Ich wurde hungrig. Aber ich war in der Lage weiter zu gehen, weil jeder Teil meines Körpers aus liebevoller Güte großzügiger Leuten bestand, die sich Jahr für Jahr stets um mich gekümmert haben. Mein Leben besteht aus reiner Güte und Dankbarkeit.

[A smiling woman places a packet of food in Ayya Medhanandi's bowl]Jetzt, auf meinem Durchreise in Malaysia, habe ich wieder die Gelegenheit wahrgenommen “pindapat” im lokalen Markt von Penang zu gehen, in dem es überraschend einfach ist, zu betteln. Ich wußte, gut verpflegt zu werden.

Mit meiner Schale, gesichert an ihren Riemen um meine Schulter und sie wiegend in meinen Handflächen, stand ich zwischen den größen Obst- und Gemüseläden, den Reihen von unsoliden Ständen, die eine Collage aus Babykleidung, Damenhandtaschen, Schmucksachen, Haushaltswaren und bunter Anhänger zeigten.

Ich rezitierte für jede Person, die stoppte um eine Gabe zu tun. In wenigen Minuten wog sich meine Schale voll mit Früchten, Biskuite, Pfannkuchen, Reis- und Kokosdelikatessen und gebratene Nudeln - alle verpackt in bunten Plastiktüten.

Die frühen Sonntagmorgen-Käufer, hauptsächlich lokale Chinesen, wissen was zu tun ist, wenn sie jemanden in einer Robe auf Bettelgang treffen. In dieser Gesellschaft gehen buddhistische Nonnen selten “pindapat”, und die bettelnden Mönche nehmen häufig Geld an. Heute sehen sie eine Nonne - eine Ausländerin - die nur Gaben von Speisen in ihrer Schale empfängt.

Worte verbreiten sich. Wenn immer Leute versuchten Geld zu geben, musste ich schnell sein, um meine Schale mit meiner Hand zu bedecken. Überrascht, kamen sie mit Konfekt, Klebreis oder Früchten zurück. Mehr kamen, und als meine Schale überlief, häuften sie ihre Gaben zu einer wachsende Ansammlung rosafarbener Plastiktaschen zu meinen Füßen. Mit aller Aufmerksamkeit war ich dennoch von meiner normalen Praxis, des Konzentrierens auf die Schale und des Meditierens auf Leere, abgelenkt.

Das erste mal, als jemand niederkniete und anjali machte, entfernte ich rasch meine Sandalen, bevor ich einen Segen, Sukhi hotu, avera hotu, abhayapaja hotu rezitierte. Ich war wegen all der Abfälle überall, nicht wie Buddha es gemacht hätte, nicht barfuß hinausgewandert, aber ich fühlte es war falsch ihren Respekt mit angezogenen Schuhen zu empfangen. Inspiriert von der Erinnerung, warum ich die Sandalen ausgezogen hatte, wanderte ich im letzten Jahr wieder barfuß, auf der fünfzigsten Straße in Yangon, um Gaben.

Ich stand, leise mir selbst das Dhammacakkappavattana Sutta rezitierend, und gab jedem Segen der mir Nahrung in meine Schale gab. Ich fühlte das Drehen des Rades des Dharma und reflektierte darüber wie über die tausenden Jahre diese Art des Bettelns und Empfangens, Weise ernährt hat. Und hier wieder, war es eine einfache Taten der Freundlichkeit - jetzt ein Kind mit einem Beutel voller Frühlingsrollen, jetzt eine Frau mit einer Jackfrucht, jetzt ein indischer Mann, der neugierig fragte aus welchem Land ich grüße.

Einige fragten, ob sie ihre Gaben direkt in die Beutel zu meinen Füßen geben könnten, als sie meine Schale überfüllt sahen. Ich wollte zu mindestens jede Gabe mit meinen Händen annehmen, wenn ich es mir meiner Schale nicht mehr konnte. Und so eine Gefühl der Verbindung und Beziehung geschaffen, rezitierte ich einen Segen und bezeugte ihre Güte.

[A woman bows at Ayya Medhanandi's feet after offering a bag of food]

Es war in einem dieser Momente zwischen dem Überlaufen der Schale und dem Ansturm von Großzügigkeit, in dem ich plötzlich eine Heuchelei fühlte. Ich war gut versorgt, stand hier mit meinen Verehrern, es fehlte an nichts, und Beutel wurden um mich angehäuft.

Welches Recht hatte ich hier zu stehen und zu betteln? Wie kam ich dazu meine Schale wieder und wieder aufzuhalten, wenn doch schon so viel gegeben wurde? Mit welchem Recht hatte ich überhaupt begonnen zu betteln?

Schwitzend und gewürgt von meiner Robe, drängten diese Fragen meinen Geist. Ich erinnerte mich an die Geschichte der Hexe, die versuchte sauber zu machen und die Besen sich vervielfältigten und immer mehr und mehr Wasser brachten... Es schien absurd, mit so viele Beutel an Speisen zu jonglieren, wenn da kein Hunger in meinem Bauch war.

Keine halbe Stunde war vergangen. Beschämt, ängstlich und dem Gefühl unwürdig der Flut der Großzügigkeit zu sein, bemerkte ich verärgert, dass ich hoffte meine Verehrer würden bald zurückkommen um mich aufzufangen. Und dann, um mein Herz zu beruhigen, fing ich an, lauter zu rezitieren.

Nachsinnend über die vier edlen Wahrheiten, die Augen nach unter gerichtet, beobachtete ich all die Füße der Vorüberziehenden - Sandalen jeder Farbe und Art, hohe Absätze und kaputte Schuhe, Menschen jeden Alters, schlurfend, humpelnd oder zügig im Schritt. Ihre Gesichter betrachtend, sah ich Verstohlene, Behinderte und Gesunde, Zerzauste und gut Gekleidete, Verwelkte und Übergewichtige, Lächelnde und Grimassen, abgelenkte Ausdrücke und hängende Mundwinkel, Mütter, Kinder, einen Vater der die Hand nach seinem kleinen Sohns ausstreckt, Fahrräder und Tragbahren, Händlerschreie und die Gerüche des Marktes, die Welt - die Welt.

Mein Herz wuchs strahlend aus Mitgefühl. Ich wußte, daß ich hier stand um meine Schale wieder füllen zu lassen, wieder und wieder, von jenen die die Wahrheit lieben. Hungrig oder nicht, ich hatte jedes Recht, daß anzunehmen was sie gerne gaben.

Ich missbrauchte die Schönheit nicht, weil es nicht für mich war, dass sie die Schale füllten. Ich war ein Bettler nach Liebe dieser Glückseligkeit. Das Füllung und Leeren meiner Schale war der natürliche Ablauf jedes unserer Leben, erinnernd und ehrend die Zufälle von Taten der Gute und Freundlichkeit.

Ich empfange und ich gebe zurück.