Viele Leute sagen, dass der Buddha zwei verschiedene Arten der Meditation lehrte, nämlich die Achtsamkeits- und die Konzentrationsmeditation. Achtsamkeitsmeditation, sagen sie, ist der direkte Pfad, während die Konzentrationspraxis die landschaftlich reizvolle Route darstellt, die man auf eigene Gefahr wählt, weil man sich dort leicht verfängt und vielleicht nie mehr loskommt. Wenn ihr euch aber anseht, was der Buddha tatsächlich lehrte, so werdet ihr bemerken, dass er diese beiden Praktiken nie voneinander getrennt hat. Sie sind Teile eines einzigen Ganzen. Jedes Mal, wenn er Achtsamkeit erklärt und ihre Stellung auf dem Pfad, sagt der Buddha nachdrücklich, dass der Zweck der Achtsamkeitsübung darin besteht, den Geist in einen Zustand der Rechten Konzentration zu führen. In anderen Worten, Achtsamkeit bringt den Geist dazu, zur Ruhe zu kommen und einen Ort zu finden, an dem er sich wirklich gefestigt und zu Hause fühlen kann - einen Ort an dem er die Dinge von einer stabilen Warte aus betrachten kann um sie so zu sehen, wie sie wirklich sind.
Ein Teil dieses Themas der „zwei Praxisformen“ dreht sich darum, wie wir das Wort jhana, verstehen, das ja ein Synonym für Rechte Konzentration ist. Viele von uns haben gehört, dass jhana ein sehr intensiver tranceähnlicher Zustand ist, der einen starren Blick und den Ausschluss der restlichen Welt erfordert. Das klingt so gar nicht nach Achtsamkeit. Und wenn man aber die jhana-Beschreibungen des Buddhas betrachtet, so ist das auch gar nicht die Art von Zustand, über die er spricht. In jhana zu sein heißt, auf sehr angenehme Weise in die Empfindung des ganzen Körpers vertieft zu sein. Ein sehr weites Gewahrsein erfüllt den gesamten Körper. Eines der Bilder, das der Buddha benutzte, um diesen Zustand zu beschreiben, ist das einer Person, die Wasser in Teig knetet, bis das Wasser das Mehl völlig durchdringt. Ein weiteres Bild ist das eines Sees, in dem eine kühle Quelle emporquillt und sich dann im ganzen See ausbreitet.
Wenn ihr beim Körper als Ganzes verweilt, befindet ihr euch doch sehr klar im gegenwärtigen Moment. Wie der Buddha sagt, ist das vierte jhana, in dem der Körper mit lichtem Gewahrsein erfüllt ist, der Punkt, an dem Achtsamkeit und Gleichmut Reinheit erlangen. Es sollte also kein Problem sein, die Achtsamkeitspraxis mit einem körperumfassenden Gewahrsein, das gefestigt und still ist zu verbinden. Tatsächlich kombiniert sie ja der Buddha selber in seiner Beschreibung der ersten vier Stufen der Atemmeditation: (1) des langen Atems gewahr sein, (2) des kurzen Atems gewahr sein, (3) des ganzen Körpers gewahr sein - wenn ihr einatmet und wenn ihr ausatmet, dann (4) die Atemempfindung im ganzen Körper beruhigen. Das ist, wie die Texte uns sagen, die grundlegende Achtsamkeitspraxis. Es ist aber auch grundlegende Konzentrationspraxis. Eben da tretet ihr in das erste jhana, die Rechte Konzentration ein und gleichzeitig praktiziert ihr Rechte Achtsamkeit.
Um zu sehen, wie Rechte Achtsamkeit und Rechte Konzentration einander beim Praktizieren helfen, können wir uns die drei Ebenen der Achtsamkeitspraxis ansehen, die in der Lehrrede über die Grundlagen der Achtsamkeit erläutert werden. Nehmt zum Beispiel den Körper. Auf der ersten Ebene ist es wichtig, sich auf den Körper zu konzentrieren und Gier und Kummer bezüglich der Welt beiseite zu lassen. Das bedeutet also, den Körper nur als Körper zu betrachten, ohne über ihn in Bezug auf das, was er in der Welt bedeutet oder tun kann, nachzudenken. Ob er gutaussehend ist oder nicht, ob er ein starker oder schwacher, beweglicher oder plumper Körper ist - all diese Fragen, die uns so oft beschäftigen, wenn wir über uns im Kontext der Welt nachdenken: Der Buddha empfahl uns, diese Fragen zu beiseite zu lassen.
Verweilt einfach nur bei eurem Körper wie er in diesem Moment hier sitzt. Wenn ihr eure Augen schließt, was empfindet ihr da? Es ist die Empfindung der „Körperlichkeit“ mit der ihr dasitzt. Dies ist euer Bezugsrahmen. Versucht, dabeizubleiben. Holt den Geist beständig zu diesem Körpergefühl zurück, bis er die Botschaft empfängt und beginnt zur Ruhe zu kommen. Zu Beginn der Praxis erlebt ihr, wie der Geist hinausgeht, um dies und jenes zu ergreifen. Also schenkt ihr dem was geschieht gerade genug Beachtung um dem Geist zu sagen, dass er loslassen, zum Körper zurückkehren und dort ausharren soll. Dann schweift der Geist wieder ab, um etwas anderes zu ergreifen, also sagt ihr ihm wieder, er solle loslassen, zurückkommen und sich auf den Körper ausrichten. Schließlich kommt ihr an einen Punkt, an dem euer Gewahrsein den Atem tatsächlich aufgreift und nicht mehr loslässt. Ihr verweilt beim Atem. Alles, was von diesem Punkt an in den Bereich eurer Achtsamkeit tritt, wird wahrgenommen als ob etwas leicht euren Handrücken streifen würde. Ihr müsst es nicht zur Kenntnis nehmen. Ihr bleibt beim Körper als grundlegenden Bezugsrahmen. Andere Dinge werden kommen und gehen, ihr werdet euch dessen bewusst sein, aber ihr lasst den Atem nicht fallen um nach ihnen zu greifen. Dann habt ihr euren Körper als soliden Bezugsrahmen etabliert.
Indem ihr dies tut, entwickelt ihr drei Fähigkeiten des Geistes. Eine ist die der Achtsamkeit (sati). Der Ausdruck Achtsamkeit bedeutet, fähig zu sein, sich zu erinnern, etwas im Geist zu verwahren. Wenn also der Körper als Bezugsrahmen etabliert wird, heißt das, sich daran zu erinnern, die Dinge in ihrem Bezug zum Körper zu sehen. Ihr erlaubt euch nicht, das zu vergessen. Die zweite Fähigkeit, die der Klarbewusstheit (sampajañña), bedeutet, sich dessen bewusst zu sein, was tatsächlich in der Gegenwart vor sich geht. Verweilt ihr beim Körper? Verweilt ihr beim Atem? Ist der Atem angenehm? Nehmt einfach wahr, was im gegenwärtigen Moment tatsächlich passiert. Wir neigen dazu, Achtsamkeit und Klarbewusstheit durcheinander zu bringen, aber es sind tatsächlich zwei verschiedene Dinge. Achtsamkeit heißt, in der Lage zu sein, sich zu erinnern, worauf ihr eure Achtsamkeit richten wollt. Klarbewusstheit bedeutet, sich bewusst zu sein, was sich tatsächlich ereignet. Die dritte Fähigkeit ist der Eifer (atappa). Hier gibt es zwei Aspekte. Zum einen ist es der Eifer, der euch veranlasst den Geist zu eurem Bezugsrahmen zurückzubringen sobald ihr bemerkt, dass er gewandert ist. Sofort! Ihr erlaubt ihm nicht auf anderen Weiden zu grasen. Zum anderen hilft euch der Eifer dabei, so empfindsam wie möglich für das zu sein, was vor sich geht. Nicht bloß im gegenwärtigen Moment dahinzutreiben, sondern zu versuchen, immer klarer die subtilen Details dessen zu durchdringen, was tatsächlich gerade mit dem Atem oder dem Geist geschieht.
Wenn ihr diese drei Fähigkeiten auf den Körper ausgerichtet habt, dann kommt ihr nicht umhin, zur Ruhe zu kommen und im gegenwärtigen Moment, wirklich behaglich, beim Körper zu verweilen. Genau dann seid ihr bereit für die zweite Ebene der Praxis, die als Gewahrsein der Phänomene des Entstehens und Vergehens beschrieben wird. Es ist die Ebene, auf der ihr versucht, Ursache und Wirkung zu verstehen, so wie sie sich in der Gegenwart ereignen. Bezogen auf die Konzentrationspraxis heißt das, dass ihr das Zusammenspiel zwischen Ursache und Wirkung im Prozess der Sammlung verstehen lernen müsst, um so in dieser Übung geschickter zu werden. Dann könnt ihr den Geist dazu bringen, sich stabiler und für längere Zeitspannen, in verschiedenen Situationen, und nicht nur auf dem Sitzkissen, zu sammeln. Um das zu schaffen, müsst ihr lernen, wie die Dinge im Geist entstehen und auch wie sie vergehen. Ihr lernt dies am besten, indem ihr direkt in das Entstehen und Vergehen eingreift und nicht nur durch bloße Beobachtung.
Ihr könnt das beispielsweise den Anweisungen des Buddhas für den Umgang mit den Hemmnissen entnehmen. Als erstes, soll man einfach darauf zu achten, wie die Hemmnisse kommen und gehen. Manche glauben, das sei eine Übung in „absichtslosen Gewahrsein“, in der man nicht versucht, den Geist willentlich in eine Richtung zu lenken, sondern einfach nur dasitzt und beobachtet, was erscheint. In der wirklichen Praxis aber ist der Geist zu diesem Zeitpunkt dafür noch nicht bereit. Was ihr auf dieser Ebene benötigt, ist ein fester Bezugspunkt, um die Ereignisse im Geist abzuwägen. So als würdet ihr versuchen, die Bewegung der Wolken am Himmel abzuschätzen. Ihr müsst euch dafür einen festen Bezugspunkt suchen, wie etwa den Giebel eines Hauses oder einen Blitzableiter, den ihr dann fest anblickt, damit ihr ein Gespür dafür bekommt, in welcher Richtung und wie schnell sich die Wolken bewegen. Das gleiche gilt auch für das Kommen und Gehen von sinnlichem Verlangen, Böswilligkeit, usw.. Ihr benötigt dazu einen festen Bezugspunkt wie etwa den Atem, wenn ihr wirklich empfänglich dafür sein wollt, wann es im Geiste Hemmnisse gibt, die sich auf euren Bezugsrahmen auswirken, und wann nicht.
Nehmt einmal an, dass es Zorn ist, der eure Konzentration stört. Anstatt euch aber nun in diesen Zorn verwickeln zu lassen, versucht ihr, euch einfach nur darüber klar zu werden, wann dieser Zorn da ist und wann nicht. Ihr betrachtet den Zorn als ein von euch losgelöstes Ereignis. Ihr beobachtet wie er kommt und wie er geht. Aber ihr belasst es nicht dabei. Da ihr noch daran arbeitet, eure Aufmerksamkeit auf den Atem zu richten, ist der nächste Schritt der, zu erkennen, wie man sich des Zornes entledigen kann. Manchmal reicht es schon, diesen Zorn einfach zu beobachten, damit er verschwindet. Manchmal wird das aber nicht ausreichen und ihr müsst auf andere Weise mit ihm umgehen. So könntet ihr zum Beispiel die gedanklichen Auslöser eures Zornes ergründen oder euch an die Nachteile des Zorns erinnern. Wenn ihr euch mit ihm befasst, müsst ihr euch die Hände schmutzig machen. Ihr müsst versuchen herauszufinden, warum der Zorn auftaucht und warum er wieder verschwindet und besonders, wie ihr ihn loswerden könnt, weil ihr erkennt, dass Zorn ein kein wünschenswerter Zustand ist. Und dies erfordert, dass ihr improvisiert und experimentiert. Ihr müsst euer Ego und eure Ungeduld aus dem Wege räumen, damit ihr den Raum habt, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen um so Geschicklichkeit beim Umgang mit dem Zorn entwickeln zu können. Es geht nicht einfach darum, den Zorn zu hassen und zu versuchen, ihn wegzuschieben oder gar den Zorn zu lieben und ihn willkommen zu heißen. Diese Herangehensweisen könnten kurzfristige Resultate erzielen, aber auf lange Sicht ist dies nicht besonders geschickt. Was hier gefragt ist, ist die Fähigkeit zu erkennen, was den Zorn ausmacht und wie ihr ihn in seine Bestandteile zerlegen und analysieren könnt.
Eine erprobte Technik, wenn Zorn da ist und ihr in einer Situation seid, in der ihr nicht unmittelbar auf Leute reagieren müsst, besteht darin, euch einfach ganz freundlich selbst zu fragen: „Also, warum bist du so zornig?“ Hört auf die Antwort, die der Geist euch gibt. Dann geht der Sache nach: „Warum bist du denn genau darüber so erzürnt?“, „Natürlich bin ich zornig, schließlich...“, „Ja aber, warum bist du deshalb zornig?“ Wenn ihr so verfahrt, wird euer Geist schließlich zugeben müssen, dass dieser Zorn auf einer Dummheit beruht, wie etwa der Annahme, dass die Menschen nicht so oder so sein sollten, obwohl sie offensichtlich genau so sind. Oder, dass die Menschen euren Standards entsprechend handeln sollten. Oder, was immer auch für eine andere Annahme von eurem Geist als so peinlich empfunden wird, dass er sie vor euch verbirgt. Bohrt ihr aber nach, wird der Geist letztlich damit herausrücken. Auf diese Weise erlangt ihr tiefen Einblick in die Natur des Zorns und könnt damit seine Macht über euch schwächen.
Beim Umgang mit positiven Fähigkeiten wie Achtsamkeit, Ruhe und Konzentration macht ihr von einem ähnlichen Prozess Gebrauch. Zuerst werdet ihr gewahr, wann sie auftreten und wann nicht. Dann beginnt ihr zu erkennen, dass es viel angenehmer ist wenn sie da sind als wenn sie nicht da sind. Also versucht ihr zu verstehen, wie sie kommen und wie sie gehen. Ihr tut das, indem ihr bewusst danach strebt, diesen Zustand der Achtsamkeit und Konzentration aufrecht zu erhalten. Wenn ihr wirklich gut beobachtet – und um genau dieses Beobachten geht es ja - dann beginnt ihr zu verstehen, dass es Wege gibt, um auf geschickte Weise diesen Zustand zu bewahren, ohne dabei durch Erfolg oder Misserfolg aus der inneren Ruhe gebracht zu werden. Und auch ohne, dass das Verlangen nach einem ruhigen Geisteszustand dem Geist in die Quere kommt, wenn er zur Ruhe kommen will. Ihr möchtet natürlich erfolgreich sein, aber dazu braucht ihr eine ausgeglichene Haltung gegenüber Misserfolg und Erfolg - damit ihr von ihnen lernen könnt. Niemand führt darüber Buch oder erteilt Noten. Es geht einzig darum Verständnis zu erlangen und euch selbst zu helfen. Dieser Prozess, die Grundlage der Achtsamkeit, euren Bezugsrahmen, zu entwickeln ist eben kein „bloßes Zusehen“. Vielmehr ist es ein Mitwirken beim Prozess des Entstehens und Vergehens - ein Spielen mit diesem Prozess - damit ihr aus Erfahrung lernen könnt, wie Ursache und Wirkung in eurem Geist funktionieren.
Man kann das mit dem Wissen vergleichen, das Köche von Eiern haben. Ihr könnt gewisse Dinge über Eier beim bloßen Zuschauen lernen, aber viel lernt ihr so nicht. Um über Eier Bescheid zu wissen, müsst ihr sie in die Pfanne tun und tatsächlich etwas aus ihnen machen. Indem ihr das tut, beginnt ihr zu verstehen, auf welche Weise Eier zusammen mit Hitze, Öl, Butter oder sonst etwas reagieren. Und indem ihr so tatsächlich mit den Eiern arbeitet und versucht etwas mit ihnen anzufangen, gelangt ihr zu einem wirklichen Verständnis der Eier. Ähnlich ist es mit Ton: Ihr wisst wenig über Ton bis ihr tatsächlich zum Töpfer werdet und versucht, etwas aus diesem Ton zu machen.
So ist es auch mit dem Geist: Wenn ihr nicht versucht, etwas aus eurem Geist zu machen und mit ihm zu arbeiten, wenn ihr nicht versucht einen geistigen Zustand in Gang zu setzen und zu erhalten - dann kennt ihr euren eigenen Geist nicht wirklich. Ihr wisst dann nichts von den Ursache-Wirkungs- Prozessen in eurem Geist. Es muss ein Element tatsächlicher Beteiligung an diesem Prozess geben. Auf diese Weise könnt ihr dann wirklich verstehen lernen. All das läuft darauf hinaus, aufmerksam zu sein und eine Geschicklichkeit zu erwerben. Im Wesentlichen besteht das Entwickeln einer Geschicklichkeit aus drei Dingen: Erstens, ihr seid euch einer gegebenen Situation bewusst. Zweitens, ihr seid euch eures Zutuns in dieser Situation bewusst. Drittens, ihr betrachtet die Ergebnisse.
Wenn der Buddha über Ursächlichkeit spricht, dann sagt er, dass jede Situation aus zwei Richtungen geformt wird: Von Ursachen aus der Vergangenheit und von Ursachen die wir in der Gegenwart hinzufügen. Ihr müsst ein Gespür für beide entwickeln. Wenn ihr nicht bemerkt was ihr in einer Situation hinzufügt, werdet ihr niemals irgendeine Geschicklichkeit entwickeln. Indem ihr eures Anteils gewahr werdet, blickt ihr auch auf die Resultate. Ist etwas nicht richtig, macht ihr kehrt und ändert was geändert werden muss. Das tut ihr so lange, bis ihr die gewünschten Resultate erzielt. Bei diesem Prozess lernt ihr eine Menge über Ton, über Eier, oder was immer es auch ist, mit dem ihr geschickt umzugehen versucht.Das Gleiche gilt für den Geist. Natürlich könntet ihr etwas über den Geist lernen, indem ihr versucht, ihn in irgendeinen Zustand zu bringen, um aber wirklich durchdringende Einsicht zu entwickeln, ist ein Zustand stabiler,ausgewogener und achtsamer Konzentration die beste Art von „Soufflé“, die ihr mit eurem Geist backen könnt. Die Faktoren Freude, Wohlgefühl und Begeisterung, die aufsteigen wenn der Geist wirklich zur Ruhe kommt, werden euch dabei helfen, auf dauerhafte und angenehme Weise im gegenwärtigen Moment zu verweilen. Befindet sich der Geist erst in einem stabilen Ruhezustand, so könnt ihr ihn lange Zeit betrachten, um zu erkennen, wie er aufgebaut ist. Im typischen, unausgewogenen Zustand des Geistes erscheinen und verschwinden die Dinge zu schnell, als dass ihr sie klar erkennen könntet.Wie der Buddha aber bemerkte, könnt ihr, wenn ihr im Erreichen von jhana wirkliches Geschick erlangt habt, ein Stück zurücktreten und wirklich sehen, was vor euch liegt. So könnt ihr z.B. erkennen, wo es noch ein Element des Anhaftens gibt oder ein Element von Stress oder sogar, wo noch Unbeständigkeit in eurem ausgewogenen Geisteszustand vorhanden ist. Ab hier beginnt ihr Einsicht zu erlangen, weil ihr die natürlichen Trennlinien zwischen den verschiedenen Faktoren des Geistes, und speziell die Linie zwischen dem Gewahrsein und den Objekten des Gewahrseins, wahrnehmen könnt.
Ein weiterer Vorteil dieses achtsamen, konzentrierten Zustandes ist, dass ihr, je vertrauter ihr mit ihm werdet, zu verstehen beginnt, dass Heiterkeit und Freude möglich sind, ohne dass sie notwendigerweise von äußeren Dingen abhängig sind. Diese Erkenntnis hilft euch dabei, euch von Abhängigkeit und Anhaftung zu lösen, wie etwa von der an anderen Menschen, an Beziehungen, an Zustimmung oder von anderen Dingen die damit einhergehen Teil dieser Welt zu sein. Manche befürchten, dass sie am Zustand der Ruhe anhaften könnten. Tatsächlich ist es jedoch sehr wichtig, dass ihr daran haftet, damit ihr anfangen könnt zur Ruhe zu kommen und eure anderen Anhaftungen aufzulösen. Erst wenn dieses Anhaften an der Ruhe das einzig Verbleibende ist, beginnt ihr, mit der Arbeit auch dieses aufzulösen.
Noch ein weiterer Grund, weshalb solide Konzentration für die Einsicht notwendig ist, besteht darin, dass, wenn Unterscheidungsfähigkeit im Geist entsteht, die erste Lektion, die sie euch erteilt, sein wird, dass ihr dumm wart. Ihr habt an den Dingen festgehalten, obwohl ihr es tief drinnen besser gewusst haben solltet. Versucht das mal Leuten zu erzählen, wenn sie hungrig und müde sind. Sie werden euch entgegnen: „Du bist selber dumm“, und das ist dann das Ende der Diskussion. Damit wird nichts erreicht. Wenn ihr aber mit jemandem redet, der eine gute Mahlzeit eingenommen hat und sich ausgeruht fühlt, könnt ihr alle möglichen Themen ansprechen ohne einen Streit zu riskieren. Mit dem Geist ist es das Gleiche. Wenn er mit der Begeisterung und dem Wohlgefühl, die aus der Konzentration herrühren, gut abgefüttert ist, dann ist er bereit zu lernen. Er kann eure Kritik akzeptieren ohne sich bedroht oder beleidigt zu fühlen.
Das also ist die Rolle, welche die Konzentrationspraxis auf dieser zweiten Ebene der Achtsamkeitspraxis spielt: Sie gibt euch etwas zum Spielen, eine Möglichkeit Geschicklichkeit zu entwickeln, damit ihr anfangen könnt, die Faktoren von Ursache und Wirkung innerhalb des Geistes zu verstehen. Ihr beginnt, den Geist einfach als einen Strom von Ursachen zu sehen, deren Wirkungen zu euch zurückfließen. Eure Vorstellungen, eure Gefühle und euer Empfinden dafür, wer ihr seid, sind Teil dieses Stroms von Ursache und Wirkung. Diese Erkenntnis beginnt dann euer Anhaften an dem gesamten Prozess zu lösen.
Der Geist erreicht dann schließlich eine dritte Ebene der Achtsamkeitspraxis, auf welcher er in einen Zustand vollkommenen Gleichgewichts gelangt. Ihr werdet dann diesen Zustand der Konzentration, diesen Zustand des Gleichgewichts bis zu einem Punkt entwickelt haben, an dem ihr nichts mehr hinzufügen müsst. In der Lehre über die Grundlagen der Achtsamkeit wird dies als „einfach nur gewahr sein“ beschrieben. Wenn ihr den Körper als Bezugsrahmen benutzt bedeutet das in ausreichendem Maß gewahr zu sein, dass „da ein Körper ist“, um Wissen und Achtsamkeit aufrecht zu erhalten, ohne an irgendetwas in der Welt zu haften. Andere Stellen nennen dies den Zustand des „nicht Gestaltens“. Der Geist erreicht einen Punkt, an dem ihr zu erkennen beginnt, dass alle kausalen Prozesse im Geist - einschließlich der Prozesse von Konzentration und Einsicht - so etwas wie Teerklumpen sind. Wenn ihr sie zu euch heranzieht, so bleibt ihr daran hängen; wenn ihr sie wegstoßt, so bleibt ihr ebenfalls daran hängen. Was also werdet ihr tun? Ihr müsst an einen Punkt gelangen, an dem ihr wirklich nichts mehr zum gegenwärtigen Moment beitragt. Eure Teilnahme daran muss entwirrt werden. Das ist der Punkt, an dem sich die Dinge im Geist öffnen.
Viele wollen genau hier einsteigen und auf dieser Ebene, auf der dem gegenwärtigen Moment nichts mehr hinzugefügt wird anfangen - aber so funktioniert es nicht. Ihr könnt kein Gespür für die feinen Dinge, die der Geist gewohnheitsmäßig der Gegenwart hinzufügt, haben, wenn ihr nicht bereits bewusst versucht habt, das zu ändern, was ihr selbst hinzufügt. Indem ihr zunehmend Geschicklichkeit entwickelt, bekommt ihr immer mehr Gespür für die feinen Dinge, von denen euch nicht bewusst war, dass ihr sie tut. Ihr erreicht einen Punkt der Ernüchterung, an dem ihr erkennt, dass die geschickteste Weise mit der Gegenwart umzugehen darin besteht, alle Ebenen der Teilnahme aufzugeben die auch nur das geringste Bisschen Stress im Geist bewirken. Ihr beginnt, die Ebenen der Teilnahme abzubauen, die ihr auf der zweiten Stufe der Praxis erlernt habt. Ihr werdet dann an einen Punkt kommen, an welchem die Dinge von selbst ins Gleichgewicht kommen, an dem es Loslassen und Befreiung gibt.
Es ist also wichtig zu erkennen, dass es bei der Praxis der Achtsamkeit diese drei Stadien gibt. Und ihr müsst verstehen welche Rolle, die bewusste Konzentrationspraxis dabei spielt. Sie bringt euch durch die ersten beiden Stadien, sodass ihr zum dritten Stadium gelangen könnt. Ohne die Rechte Konzentration zu erwerben, könnt ihr die Geschicklichkeit nicht entwickeln, die gebraucht wird um den Geist zu verstehen. Im meditativen Prozess wird die Geschicklichkeit in achtsamer Konzentration gemeistert, damit sich wahre Einsicht einstellen kann. Wie ihr eine Viehherde nicht wirklich versteht, bevor ihr sie nicht einmal erfolgreich zusammengetrieben habt - wobei ihr während des Zusammentreibens aus euren Fehlern lernt - so könnt ihr auch kein Gespür für all die Ursache- und Wirkungsströmungen im Geist bekommen, bis ihr aus euren Fehlern und Erfolgen gelernt habt, und sie dazu gebracht habt, sich in einem Zustand konzentrierter Achtsamkeit und achtsamer Konzentration zu sammeln. Und nur wenn ihr diese Strömungen wirklich verstanden und gemeistert habt – die Strömungen des Begehrens, die Leid und Stress bewirken und die Strömungen der Achtsamkeit und der Konzentration, die den Pfad formen – könnt ihr sie loslassen und wahre Freiheit finden.