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Zeitlos und Wahr
Juli, 1978
von
Ajaan Fuang Jotiko
übersetzt aus dem Thailändischen von
Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
Laien für ZzE
Alternative Übersetzung: noch keine vorhanden

Dies wurde aus einer Lehrrede, die im Juli 1978 an eine Gruppe von Mönchen und Nonnen gegeben wurde, wovon die meisten relativ neu im Bezug auf Meditation waren, übersetzt. Da seine Zuhörer mit den grundlegenden Techniken der Konzentrationübung, wie sie in „Method 2“ in Ajaan Lees Buch „Halte den Atem im Geist“ erklärt wird, bereits bekannt waren, konzentrierte sich Ajaan Fuang hier weniger auf die Technik als auf die passende Haltung und das passende Verständnis, die man für die Übung mitbringen muß. Der Stil dieser Rede ist weitgehend wiederholend, und so wirkt er am besten, wenn er laut gelesen wird.

Unsere Lehrer haben alle Grundlagen für unsere Übungen dargelegt, alles hergerichtet, ohne einen Mangel. Der Umstand, daß die Entwicklung, die wir in unserer Übung feststellen, nicht vollständig ist, kommt aus dem Mangel, der in uns zu finden ist, in unserer eigenen Praxis. Wir haben nicht genug praktiziert, um Dinge abzuschneiden. Wir haben der Übung nicht unsere volle Anstrengung gegeben. So lasst uns heute die Möglichkeit wahrnehmen, eine Anstrengung zu tun, d.h. unsere Achtsamkeit zu fixieren, jeder einzelne von uns, sicher auf unser Ein- und Ausatmen. Da ist nicht viel mehr. Jeder von uns hat Atem. Es ist ein Meditationsgegenstand, den wir bereits in uns tragen. Wir müssen nirgendwo sonst hingehen, um ihn zu finden. Und da besteht keinerlei Bedarf von Zweifel, ob dies nun wahr ist oder nicht. Also kommt und laßt uns in uns selber sehen, beobachten, untersuchen, nachgrübeln darüber, was innerhalb von uns selber ist. Buddha wußte für sich selbst, was wahr in ihm selbst war, und wir folgen ihm im Einklang mit seinen Lehren, um zu sehen, was innerhalb von uns selbst wahr oder unwahr ist. So versuche, so umsichtig wie möglich innerhalb von dir selbst zu sein.

Diese Übung wird als akaliko, zeitlos, bezeichnet. Buddhas Lehren sind zeitlos. Der Umstand, daß da keine Entwicklung in unserer Praxis ist, ist weil wir Zeiten haben. Buddha sagt: „Zeitlos.“ Wir sagen, daß da Zeiten sind. Unsere Zeiten sind mehr als das. Zeit für dies, Zeit für das, Zeiten zum Gehen, Zeiten zum Sitzen, Zeiten zum Schlafen, Zeiten zum Essen, Zeiten zum Reden, da sind viele von diesen. Unser Leben verläuft in nichts anderem als Zeiten. So laßt uns nun in einer Weise praktizieren, die Zeitlos wird. Die Wahrheit wird dann in unserem Geist aufkommen, in jedem einzelnen von uns. Alles, was bereit zum Entwickeln ist, ist schon da. Wir brauchen es nicht von anderer Stelle zu bekommen. Gewahrsamkeit selbst, das „Wissen“ im Geist, ist schon in uns. So benutze deine Achtsamkeit, um den Atem im Geist zu halten, sodaß jenes, das schon da ist, klar und ständig aufkommt, und Entwicklung im Geist wird ebenfalls aufkommen.

Wir müssen so aufmerksam wie möglich sein. Benutze deine Achtsamkeit, um den Atem im Geist zu behalten, der Atem, der schon mit dir ist, der, seitdem du auf die Welt gekommen bist, bis heute da ist. Die Anstrengung liegt darin, das zu nehmen, was schon da ist, und es kontinuierlich zu halten, ohne Pause, sodaß es wächst, sodaß es stetig und konstant ist. Es wird dann ein Drehmoment bekommen. Es wird dann Stärke im Atem sein. Entwicklung wird aufkommen. Unser Ein- und Ausatmen wird zeitlos werden. Es wird stets in unserem Bewußtsein aufkommen. Das ist etwas, das wir so viel wie möglich verfolgen sollten, so oft als möglich tun sollten. Je mehr wir es tun, umso mehr gute Dinge werden in uns aufkommen. Wenn wir nicht daran arbeiten, würde sich unsere Güte nicht entwickeln. Es würde sich in Zeiten verlieren. Die Möglichkeit, die Wahrheit zu wissen, würde in uns nicht klar aufkommen. Die Wahrheit würde unvollständig bleiben. So müssen wir die Kraft unserer Achtsamkeit nutzen, um den Atem so im Geist zu halten, daß es mehr und mehr vollständig wird. Dann kommt Entwicklung in uns auf.

Das Dhamma, unser Meditationsgegenstand, ist etwas, das wir alle schon in uns haben, jeder einzelne von uns. Es ist etwas, das wir tun während wir hier sitzen. Wir praktizieren es, wir trainieren es. Die Frage ist, wie wir das, was schon da ist, nehmen und vollständig machen. Wir müssen eine Anstrengung tun, unsere Beobachtungskraft zu nutzen, um uns mit dem, was schon da ist, bekannt zu machen. Unsere Lehrer sprechen nur, und zeigen den Weg auf. Was uns betrifft, so müssen wir uns selbst trainieren, unsere Beobachtungskraft in uns selbst zu nutzen, um im Einklang, in uns, zu wissen. Wenn wir einmal sehen, daß es wahr ist, achten wir darauf, sodaß es sich entwickeln kann, wir geben so gut wie möglich darauf acht, und es gibt da keine zwei Wege: Es wird sich ganz einfach entwickeln müssen.

Da sind nicht viele komplizierte Schritte, um da hin zu kommen. Wir achten einfach auf das, was schon da ist, sodaß es voller und komplett werden kann. Es wird Tag für Tag wachsen, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Die Entwicklung in unserem Geist wird besser und besser werden. Es ist nicht so, daß Dinge einfach für einen Moment aufkommen und das ist dann genug. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Was immer hier und jetzt, während wir hier sitzen, aufkommt, um genau das müssen wir uns kümmern, ständig, jeden Tag, jede Nacht, jeden Monat, all die Jahre lang. Wir müssen stets dahinter bleiben, ohne aufzuhören. Wenn wir dabei bleiben, es im Auge zu behalten, wird sich die Entwicklung in unserem Geist weiter entfalten.

Wenn es nur einmal passiert, ist das nicht genug. Es ist gleich, als würden wir essen. Ein Mund voll Speise ist nicht genug. Wir müssen weiter und weiter essen, bis wir genug haben. Dasselbe behält Wahrheit für die Entwicklung guter Qualitäten, nobler Qualitäten, innerhalb von uns selbst. Ob wir sie nun in unseren Gedanken, unseren Worten, unseren Handlungen ausbauen, fällt alles zurück auf unser Herz. Wir müssen unser Herz trainieren, um einen Sinn für Stillstand und Frieden zu erlangen. Wir müssen es besser und besser trainieren, denn alle guten Dinge entspringen dem Herzen. Das ist der Grund, warum wir es zur Achtsamkeit, bei Einatmen und Ausatmen zu bleiben, trainieren. Wir trainieren es in seinem Meditationsgegenstand, sodaß es Wurzeln hat, ein Fundament. So, daß es stetig und solide wird, und nicht, seinen Gedanken und Konzepten folgend, abschweifen würde. Wir bekommen es zusammengesammelt, einzig auf den Ein- und Ausatem, um ihm ein Anhalten gegenüber seinen Hindernissen zu geben, sodaß es den Hindernissen nicht möglich ist, hereinkommen zu können und seine Güte zu stören. In dieser Weise ist es uns möglich, mehr Güte zu entwickeln, um den Geist gut etabliert in Konzentration zu bekommen.

Das ist eine Sache, die jede Person für sich selber machen muß, jeder einzelne von uns. Es ist unsere ganz persönliche Pflicht. Was auch immer für eine Methode letztlich das Problem unserer Herzen löst, um diesen Frieden erfahren können. Was auch immer für Methode hilft um den Geist dazu zu bringen, beim Körper in der Gegenwart zu bleiben, was auch immer für Methode, ist es wichtig, daß das Herz den ganzen Tag über stabil in Güte bleibt, die ganze Nacht, ob wir nun stehen, gehen, sitzen oder uns nieder legen. Letztendlich bekommen wir nicht leicht die Möglichkeit, etwas gutes zu tun, weißt du. Es ist nicht der Fall, daß wir das für immer machen können. Da warten immer Hindernisse, um uns in den Weg zu kommen. So wie du die Chance bekommen hast, gerade jetzt und weiter in die Zukunft, so lange du die Möglichkeit bekommen hast, solltest du versuchen, deine Anstrengung zu erhöhen. Bleib dabei. Bleib dabei, so gut du nur kannst, bis der Geist volle Stärke gewonnen hat, sodaß er alle niedrigeren Qualitäten abwehren kann, seine ungeschickten Qualitäten, durch Abschweifen, durch Einmischung, daß du die Möglichkeit hast, deine Güte voll zu entwickeln.

Die Güte, die aus unseren Gedanken, Worten und Taten kommt, ist etwas, das wir alle haben. Es ist nicht der Fall, daß jemand ohne Güte hier sitzt. Die Frage ist, wie wir unser Güte hernehmen können und sie noch besser machen können, - sie besser zu machen, bedeutet hier Meditation, die Güte vollendet im Bereich des Geistes. Hierfür müssen wir eine Anstrengung unternehmen, den Geist immer solider und stetiger zu machen. Wir müssen eine Anstrengung unternehmen, beharrlich sein, widerstandsfähig, den Geist wieder in seine Gangart bringen – denn wer außer uns kann den Geist trainieren? Wir selbst sind die einzigen, die unseren Geist trainieren können. Wir müssen die Linien vorgeben, um uns zu trainieren. Nur dann werden sich die Dinge entwickeln.

Andere Leute können dir nur die äußere Haut lehren, die Rinde, aber für alles, was tiefer innen liegt, kannst du nur für dich selbst die Regeln vorgeben. Du mußt die Linien ziehen, achtsam sein und nachverfolgen, was du all die Zeit tust. Es ist, als ob du einen Lehrer hast, der dir überall hin folgt, in die Öffentlichkeit und ins Private, bleib dabei, dich zu beobachten, warne dich, gib dir vor, was zu tun ist und was nicht. Gehe sicher, daß du immer auf dieser Linie bleibst. Wenn du diese Art von Lehrer nicht in dir hast, ist der Geist daran gebunden, den Pfad zu verlassen, und wird übermütig und fängt an, überall in der Stadt zu klauen. So ist das mit dem Geist. Und so müssen wir die Linien ziehen, um ihn auf seinen Platz zu halten. Wir können ihn von morgens bis mittags, vom Mittag bis in den späten Nachmittag an einem Platz halten; wie immer wir die Linien anlegen, müssen wir ihn darin halten, daß er in der Schule bleibt. Wie ein Kind in einem Klassenzimmer: Wir geben ihm eine Richtung vor und setzen die Ziele, und so ist es dann, daß die Ergebnisse handfest und solide sind.

Wir müssen unseren Geist innerhalb der Grenzen unseres Pfades trainieren und als Ergebnis, wird er Schritt für Schritt gewohnter an die Arbeit werden, Stück für Stück. Er wird lenkbarer werden, gezügelter, sodaß er nur mehr fallweise weg wandert, nur mehr selten innerhalb einer langen, langen Zeit. Er wird nur ganz selten verloren gehen. Wenn wir ihn zu fest angurten, kann es sein, daß er Probleme hat, sich zu bewegen. Und so hängen wir ihn vielleicht an die lange Leine. Ob du ihn nun an eine lange Leine oder eine kurze Leine hängst, hängt ganz davon ab, welche Technik für dich gut wirkt. Die Strategien, um den Geist zu trainieren, sind nicht für alle gleich. Manche Leute müssen den Geist richtig zwingen, ihn hart hernehmen und ihn ohne Wasser und Nahrung behandeln. Aber all das kommt wieder darauf zurück, was auch immer wirkt, um den Geist passend in seinen Grenzen zu behalten.

Um es zusammenzufassen, ist unsere Übung, den Atem im Geist zu behalten. Das ist der Pfad, den unser Lehrer, Ajaan Lee, als er noch lebte, für uns ausgesteckt hat. Wir üben darin, beim Ein- und Ausatmen zu bleiben. Wir konzentrieren uns darauf, das Ein- und Ausatmen zu verfolgen. Wir beobachten, folgen, kennen das Ein- und Ausatmen. Bleiben beim Atem. Wandern nicht weg. Beobachten das Ein- und Ausatmen, sodaß es klar ist, sodaß es vollständig ist. Wenn wir das aufrecht erhalten können, fortsetzen, uns daran zu erinnern, ist da kein Problem, - denn der Atem ist immer da. Er kommt schon herein, geht hinaus, jeden Tag, jede Nacht. Ob wir nun auf ihn achten oder nicht, ob wir uns nun auf ihn konzentrieren oder nicht, ist er stets seiner Natur gemäß da. Alles, was wir dabei aufrecht erhalten müssen, ist das, was schon da ist, im Auge zu behalten.

Eigentlich klingt es sehr einfach: Es ist ganz und gar nicht von der Art, dass du es dir von irgendwo oder irgendwem, ausborgen mußt. Es ist schon da, passiert schon. Alles, was du tun mußt, ist danach zu sehen, oder es im Geist behalten. Und du mußt nicht viel Kapital investieren. Behalte nur den Atem im Geist, unterstütze und beschütze behutsam, was sich da schon entwickelt, sodaß es vollständiger wird. Wenn du einfach nur das tust, wirst du ein Gefühl von Leichtigkeit erfahren. Körperliche Freuden. Mentale Freuden. Der Geist wird Frieden erfahren.

So richte deine Ansichten aus. Mach sie passend. Wenn deine Ansichten richtig sind, wird der Geist sofort ein Gefühl von Leichtigkeit erfahren. Wenn deine Ansichten falsch sind, wird alles andere auch sofort falsch sein, - denn die Dinge über die wir sprechen, sind alle schon da, passieren schon. So halte deine Ansichten gerade und im Einklang mit deinem Atem. Du mußt hierfür nicht viel Energie aufbringen. Du wirst ein Gefühl von Leichtigkeit erfahren. Dein Geist wird sofort Frieden fühlen.

Nun, wie nutzt du deine Beobachtungskraft, um mit den Atem bekannt zu werden? Frag dich selbst: Kennst du den Atem jetzt schon oder nicht? Ist der Atem wirklich da, oder nicht? Wenn du nicht sehen kannst, ob der Atem wahr ist, oder nicht, schaue weiter, bis er klar da ist. Da ist kein Trick oder Mystik dahinter. Es ist immer wahr, genau hier. Die wichtige Sache dabei ist, ob du wahr bist oder nicht.

Bist du?

Ja.

Dann ist das alles, was da zu tun ist... dieser kleine, zarte Punkt. Da sind nicht viele Schwierigkeiten. Wenn dieses Gewahrsein einmal wahr ist, hältst du es einfach aufrecht, erhältst die Wahrheit, deine Wahrheit, kontinuierlich. Behalte sie ständig im Geist und die Entwicklungen im Geist können sich weiter entwickeln. Sie werden wachsen, stufenweise stärker, und der Geist wird ruhig werden. Sei dir nur klar, was du tust. Habe keinerlei Zweifel. Wenn du selbst deinen eigenen Atem anzweifeln kannst, dann sind da keine zwei Möglichkeiten dafür offen: Du wirst alles anzweifeln. Ganz egal, was passiert, wirst du dir unsicher darüber sein. So in dieser Art wahrhaftig zu sein, ist, was dein Problem von vicikiccha, dem Hindernis von Unsicherheit, lösen wird.

So reflektiere, besinne und untersuche, was in dir selbst vor geht, so wie du hier übend sitzt, um zu sehen, warum der Geist keinerlei Frieden erfährt, warum ist da kein Gefühl von physischem oder mentalem Wohlgefühl. Warum ist das so? Warum ist der Geist immer noch rastlos und abgelenkt? Richte deinen Geist darauf, was du tust. Lass dir keinerlei Zweifel zu. Sei geradlinig und ehrlich, in was immer du tust, denn alles reduziert sich darauf, ob du wahr oder nicht wahr bist.

Du solltest also deine Beobachtungskraft so gut wie möglich nutzen. Du mußt mit deinem Atem bekannt werden, - hereinkommend, hinausgehend, - und ihn klar machen. Wenn du einmal mit ihm bekannt bist, dann erhalte ihn, sieh nach ihm, kümmere dich um die Weise, wie er sich entwickelt, behalte ihn stets im Geist.

Da ist nur dieser kleine Punkt in deiner Praxis. Alles, worum ich bitte, ist, daß du dieses erkennst, daß du dir dessen bewußt bist, denn dieses Bewußtsein ist schon die Basis für erkennendes Geschick. Der Trick ist, es mehr und mehr bewußt zu machen. Nur einmal gewahr zu sein, ist nicht genug. Du mußt mehr und mehr bewußt werden, mehr und mehr gewahr, bis es völlig voll ist. Dein Gewahrsein ist vollkommen voll, ohne Fehler, ohne Lücken. Es bleibt nun und ist kontinuierlich die ganze Zeit. Das ist dann, was man Wissen im vollen Ausmaß nennt.