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Methuna Sutta: Die Lehrrede über Vereinigung
Die sieben Fesseln der Sexualität
von
Piya Tan
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
Laien für ZzE
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Einleitung   

1. DIE FESSELN DER SEXUALITÄT Das Methuna Sutta ist ein klares Statement zu der frühen buddhistischen Konzeption des „heiligen Lebens“ (brahmacariya). Auch wenn brahmacariya oft als „Keuschheit“ übersetzt wird, ist dieses nur ein Aspekt des heiligen Lebens. So zentral auch Keuschheit eine Rolle spielen mag, sind da auch andere, vielleicht viel bewegendere Aspekte, und diese werden in dem Sutta mit dem Abstehen von den sieben „Fesseln der Sexualität“ (methuna-saṁyoga) beschrieben:

(1) Genuß von physischem Kontakt
(2) Kontakt/Umgang suchen (zum Zweck der Unterhaltung) [1]
(3) Lust nach physischen Formen
(4) Zerstreuung durch angenehme Klänge
(5) Freude an Leichtsinnigkeit anderer
(6) Anerkennung für die Hingabe anderer in körperliche Vergnüglichkeiten
(7) Das heilige Leben führen, um in die himmlischen Welten zu gelangen

Diese sieben „Fesseln der Sexualität“ werden deshalb so genannt, weil sie uns daran binden, an Sexualität und Sinnesvergnügen zu denken, auch wenn vielleicht eine äußere Fassade der Abstinenz von Sexulalität und Entbehrung besteht.

2. ALLE ARTEN VON SEXUALITÄT. Der Umstand, daß sich das Methuna-Sutta nur auf den heterosexuellen Kontext bezieht, bedeutet nicht, daß es sich hier nicht auch gegen andere sexuelle Verhaltensweisen, speziell Homosexualität, ausspricht.[2] Der Punkt ist, daß alle Arten der Sexualität, ob nun offenkundig oder verdeckt, jede Art der Missverwendung der Sinne, für das heilige Leben zu verhindern ist, anders gesagt, für den Fall, in dem sich jemand dem klösterlichen Training unterzieht oder ein religiöses Leben der Entbehrlichkeit führt.

Im Falle von buddhistischen Laienanhängern sind die grundlegenden Anhaltspunkte, für eine passende sexuelle Beziehung, zumindest folgende:

1. Altersgerecht: Das bedeutet, unsere Jüngeren wie unsere Kinder oder gleich wie unsere Geschwister und unsere Älteren wie unsere Eltern zu betrachten, wie es im Pindola Bhāradvāja Sutta (S 35.127), SD 27.6a(2.4) beschrieben wird.

2. Personengerecht: Bedeutet grundlegend die Person zu respektieren und sich nicht einfach eines anderen, als ein Objekt der sexuellen Befriedigung zu bedienen, sondern Sexualität in einer natürlichen und gesunden (körperlich und mental) Ausdrucksweise von „heilsamer“ und gegenseitiger Liebe zwischen freien, reifen und angemessenen Partnern.[3]

3. Zeitgerecht: Dies bedeutet, dass Sexualität in einem geordneten Maße in die Liste der Prioritäten im Leben passen und man die Zeit für eine Abstinenz kennen sollte (so wie etwa am Tugendeinhaltetagen, zu heiligen Festen und zu Meditationsklausuren).

3. ZEITVERGEUDEND. Im (Devatā) Samiddhi Sutta (S 1.20) wird Sexualität als „zeit-vergeudend“ (kālika) beschrieben, in dem Hinblick, da Sinnlichkeit uns in den Launen von Samsara hält.[4] Die Suche nach Befriedigung durch Sexualität erzeugt Lust (rāga), Gier (lobha) und Begehrlichkeit (abhijjhā). Sexualität erzeugt unweigerlich Begierde (taṇhā), und in diesem lustvollen Bestreben würde alles, was dem entgegensteht, Hass (dosa), Übelwollen (vyāpāda) oder Ablehnung (paṭigha) hervorrufen. All das nährt bhava (Sein und Bekommen/Werden) und hält uns davon ab, Unwissenheit/Verblendung (moha) zu durchschauen, die uns dies erstrebenswert erscheinen lässt.

4. SEINE GELÜBTE EINHALTEN. Das Alaggadûpama Sutta (M 22) hält für uns das Ereignis fest, wie Ariṭṭha fälschlicher Weise denkt, daß es für einen Klösterlichen in Ordnung sei, sich in Sexualität zu verwickeln, da ja auch einige Sinnesvergnügen für Laien erlaubt sind, und sogar für solche, die Stromeingetretene sind / in den Strom eingetreten sind.

Buddhas Antwort ist sehr klar:

„Tatsächlich, Mönche, ist es unmöglich, daß jemand in Sinnesvergnügen ohne sinnliche Begierde verwickelt ist, ohne die Vorstellung von sinnlicher Begierde, ohne einen Gedanken an sinnliche Begierde!“

(M 22.9/1:133) = SD 13

5 SEXUALITÄT IM PASSENDEN RAHMEN. Im frühen Buddhismus wird Sex, oder irgendein physisches Vergnügen, nicht als aus sich heraus „schlecht“ bezeichnet.[5] Im Mahā Vacchagotta Sutta (M 73) zum Beispiel werden Laienschüler als „weiß gekleidete Laien, die brahmacharis sind“ angeführt, welche freiwillig die Regeln der Keuschheit annehmen, im Gegensatz zu Laien, „die sinnliche Vergnügen genießen“ (kāmabhogī). Und beiden Arten von Laien wird nachgesprochen, fähig zu sein, Dharma zu vervollkommnen.[6]

Die dritte der fünf Trainingsverhaltensregeln befaßt sich mit dem Abstehen von Sexualität (kāmesu micchâcārā veramaṇī sikkhāpadaṁ) in der Form, nicht die physischen Sinne (das heißt, den Körper) zu verletzen, und die Person anderer zu respektieren. Verheiratete Partner und verlobte Paare sollten loyal zueinander sein. Selbst wenn in Gesellschaften Heirat lose definiert oder unklar ist, ist Sexualität nur dann gesund (physisch und mental), wenn sie sich an den Rahmen einer einvernehmlichen Partnerschaft hält.

6. INNIGE LIEBE. Sexualität zwischen geeinigten und sich liebenden Partnern sollte Teil des Prozesses gegenseitiger Akzeptanz und gesunder Partnerschaft sein, oder besser die Basis eines frohen und produktiven Familienlebens. Die dritte Verhaltensregel bezieht sich auf den Wert der Freiheit, daß unser Partner das Recht hat, nein zu Sexualität zu sagen, und daß dies auch zu respektieren ist. Auf diese Weise wachsen beide Parteien über deren Sexualität hinaus und akzeptieren einander bedingungslos als Wesen, die fähig sind, zu erwachen. Zwischen gesund „einander liebenden“ Leuten kann Sexualität ein bedeutsamer Ausdruck von momentaner Selbstlosigkeit sein. Anderenfalls wird Sexualität leicht Grundlage für den Ausdruck der markantesten selbstsüchtigen menschlichen Emotionen.

7. MORALISCHE TUGENDEN

7.1 Der Brahmachari. Im Methuna Sutta beschrieb Buddha den Brahmachari wie folgt: „er lebt ein perfektes und reines Brahmachari-Leben, ungebrochen, unzerrissen [vollständig], unvermischt [die Regeln nicht verfälschend], unbefleckt“,[7] welches auch auf ihn selber passt [§1]. Der üblichere und vollere Gehalt ist: „Tugend, wie sie Noblen angenehm ist, ungebrochen, unzerrissen, unbefleckt, befreiend, gelobt von den Weisen, ungetrübt, führt zu Aufkommen von Konzentration.“[8]

7.2 Tugend, die den Noblen lieb ist. Sie werden deshalb „Tugenden, denen Noble zugeneigt sind“ (ariyakantani sīlani)[9] genannt, weil (so wird es in den Saṁyutta-Kommentaren erwähnt) die Noblen die fünf Tugendreglen nicht verletzen; deshalb werden sie diesen zugeneigt genannt (SA 2:74). Man sagt ihnen nach, sie seien „unantastbar“ (aparāmaṭṭha) im Bezug darauf, daß sie nicht in Begehren und falscher Sichtweise gefangen sind.[10]

7.3 Ungebochen, unzerrissen, ungesprenkelt fleckenlos. Der Zustand, der im Kontrast mit der Moral eines Brahmachari steht, wird als „der Bruch, die Träne, die Sprenkel, der Fleck des heiligen Lebens“ (brahmacariyassa khaṇḍam pi chiddam pi sabalam pi kammāsam pi) [1§] bezeichnet. Die Beschreibungen „gebrochen“ (khaṇḍa) und „zerissen“ (chidda) sind Bildsprache in Bezug auf ein Kleidungsstück: schlechte Kleidung ist gebrochen oder zerissen; „vermischt“ (sabala) und „befleckt“ (kammāsa) beziehen sich auf Kühe, die Musterung oder Flecken auf ihrem Fell haben. Ein gutes Stück Gewand ist „ungebrochen, unzerrissen“ (akhaṇḍaṁ acchidaṁ), und eine gute Kuh ist „ungesprenkelt, fleckenlos [unbefleckt]“ (asabalaṁ akammāsaṁ) (DA 2:536; MA 2:400; AA 3:345).

8 BEZUGNEHMENDE SUTTAS. Das Methuna Sutta steht im Zusammenhang mit einigen Suttas, die sich mit Sexualität auseinander setzen, in deren Verbund es studiert werden sollte. Einige Suttas sind hier angeführt:

Das Aggaññā Sutta (D 27) benützt eine mythische Geschichte, um in humorvoller Weise zu erklären, wie Sexualität aufkommt, wenn sich eine Gesellschaft wiederentwickelt, nachdem das Universum wieder entsteht.[11]

Das Saññoga Sutta (A 7.48), erklärt in psychologischen Begriffen, wie Sexualität in einer Frau und in einem Mann aufkommt, und daß sie darüber hinaus wachsen sollten, bloße sexuelle Wesen zu sein.[12]

Im Ambaṭṭha Sutta (D 3) zeigt Buddha (in engem Bezug zu den sieben Fesseln der Sexualität im Methuna Sutta) aus einem historischen Blickwinkel, daß Brahmanen seiner Zeit, im Gegensatz zu jenen vergangener Zeiten, luxuriöse und überschwängliche Leben führen.[13]

Das Kapitel „Beschreibung der moralischen Tugend“ des Visuddhi Magga führt den Abschnitt des Methuna Sutta von den sieben Fesseln der Sexualität zur Gänze an.[14]

Die Lehrrede über Vereinigung   

(A 7.47/4:54-56)

1 (Ort der Begebenheit: Sāvatthī.)

Der Brahmachari [im Zölibat lebender Praktizierender]

1.2 Dann trat der Brahmane Jāṇussoṇī dem Ehrwürdigen entgegen und wechselte Begrüßungen mit ihm aus. Wie dieser höfliche und freundliche Austausch abgeschlossen war, setzte sich der Brahmane Jāṇussoṇī an der Seite nieder. So zur Seite sitzend, sagte der Brahmane Jāṇūssoṇī dies zum Erhabenen:

„Bekennt sich der Erhabene dazu, ein Brahmachari (brahmacārī) zu sein?“

1.3 „Brahmane, wenn jemand in rechter Weise über jemanden folgendermaßen sprechen wollte:

,Er lebt ein perfektes und reines Brahmachari-Leben, ungebrochen, unzerrissen [vollständig], unvermischt [die Regeln nicht verfälschend], unbefleckt,‘[15] dieser, Brahmane, würde in rechter Weise von mir sprechen.

Da ich, Brahmane, ein perfektes und reines Brahmachari-Leben führe, ungebrochen, unzerrissen [vollständig], unvermischt [die Regeln nicht verfälschend], unbefleckt.“

1.4 „Aber, Meister Gotama, was ist der Bruch, die Träne, die Sprenkel, der Fleck des heiligen Lebens [brahmacharya]?“[16]

Die sieben Fehler des falschen Brahmachari

2 (1) Da, Brahmane, erklärt ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein, da er sich nicht in Vereinigung (sexuelle Handlungen) mit Frauen verstrickt.

Aber er stimmt zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.[17] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.[18]

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, ein Sprenkel und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

3 (2) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein. Weder verstrickt er sich in Vereinigung mit Frauen, noch stimmt er zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Aber er scherzt mit Frauen, spielt mit ihnen, treibt Spaß mit ihnen.[19] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, ein Sprenkel und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

4 (3) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein.

Da er sich nicht in Vereinigung mit Frauen verstrickt.

Auch stimmt er nicht zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Auch scherzt er nicht mit Frauen, spielt nicht mit ihnen, treibt keinen Spaß mit ihnen.

Aber er ergötzt sich an Frauen, sieht ihnen in die Augen.[20] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, und ein Sprenkel, und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

5 (4) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein.

Da er sich nicht in Vereinigung mit Frauen verstrickt.

Auch stimmt er nicht zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Auch scherzt er nicht mit Frauen, spielt nicht mit ihnen, treibt keinen Spaß mit ihnen.

Auch ergötzt er sich nicht an Frauen, sieht ihnen nicht in die Augen.

Aber er lauscht dem Klang von Frauen, wenn sie lachen, oder sprechen, oder singen, oder weinen, durch die Wände, durch einen Zaun.[21] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, und eine Träne, und ein Sprenkel, und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

6 (5) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein.

Da er sich nicht in Vereinigung mit Frauen verstrickt.

Auch stimmt er nicht zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Auch scherzt er nicht mit Frauen, spielt nicht mit ihnen, treibt keinen Spaß mit ihnen.

Auch ergötzt er sich nicht an Frauen, sieht ihnen nicht in die Augen.

Auch lauscht er nicht dem Klang von Frauen, wenn sie lachen oder sprechen oder singen oder weinen, durch die Wände, durch einen Zaun.

Aber er ruft sich das ehemalige Lachen und Geschwätz und das Spielen mit den Frauen ins Gedächtnis.[22] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, und ein Sprenkel, und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

7 (6) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein.

Da er sich nicht in Vereinigung mit Frauen verstrickt.

Auch stimmt er nicht zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Auch scherzt er nicht mit Frauen, spielt nicht mit ihnen, treibt keinen Spaß mit ihnen.

Auch ergötzt er sich nicht an Frauen, sieht ihnen nicht in die Augen.

Auch lauscht er nicht dem Klang von Frauen, wenn sie lachen, oder sprechen, oder singen, oder weinen, durch die Wände, durch einen Zaun.

Auch ruft er sich nicht das ehemalige Lachen und Geschwätz und das Spielen mit den Frauen ins Gedächtnis.

Aber er sieht einen Haushälter oder einen Haushältersohn, wie er unterhalten wird, gebadet und mit den Fesseln der Sinnesvergnügen bedient.[23] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, ein Sprenkel und ein Fleck in einem heiligen Leben.

Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

8 (7) Weiters, Brahmane, erklärt sich ein Asket oder Brahmane, ein vollkommener Brahmachari zu sein.

Da er sich nicht in Vereinigung mit Frauen verstrickt.

Auch stimmt er nicht zu, von Frauen geschrubbt, massiert, gebadet und geknetet zu werden.

Auch scherzt er nicht mit Frauen, spielt nicht mit ihnen, treibt keinen Spaß mit ihnen.

Auch ergötzt er sich nicht an Frauen, sieht ihnen nicht in die Augen.

Auch lauscht er nicht dem Klang von Frauen, wenn sie lachen, oder sprechen, oder singen, oder weinen, durch die Wände, durch einen Zaun.

Auch ruft er sich nicht das ehemalige Lachen und Geschwätz und das Spielen mit den Frauen ins Gedächtnis.

Auch sieht er nicht einen Haushälter oder einen Haushältersohn, wie er unterhalten wird, gebadet und mit den Fesseln der Sinnesvergnügen bedient.

Aber er lebt das heilige Leben ehrgeizig, um eine Geburt in einer Gruppe von Devas zu erlangen, denkend: ‚Mittels dieser Regel, dieses Gelöbnisses, dieser Entbehrung oder dieses heiligen Lebens soll ich ein Deva oder einer unter ihnen werden.‘[24] Er genießt es, sucht danach und kostet es aus.

Dies, Brahmane, ist ein Bruch, eine Träne, und ein Sprenkel, und ein Fleck in einem heiligen Leben.

9 Dies, Brahmane, nennt man einen, der ein unreines heiliges Leben führt, einen, der der Verstrickung in Vereinigung zugeneigt ist. Er ist nicht frei von Geburt, Vergehen-und-Tod, Kummer, Wehklage, physischen Schmerzen, mentalen Schmerzen: er ist nicht frei vom Leid, sage ich!

Buddha hat alle Fesseln durchdrungen

10 Und solange ich bemerkte, daß die eine oder andere Fessel von Sexualität[25] in dieser Weise ungebrochen in mir war, Brahmane, behauptete ich nicht, vollkommen erwacht zu sein, in diesem unvergleichlichen Selbsterwachen, in dieser Welt mit ihren Göttern, ihrem Māra und ihrem Brahmā, dieser Generation mit ihren Einsiedlern und Brahmanen, ihren Herrschern[26] und Bürgern.

11 Aber, Brahmane, als ich nicht eine dieser Fesseln von Sexualität mehr in dieser Weise bemerkte, die ungebrochen in mir war, Brahmane, behauptete ich, vollkommen erwacht zu sein, in diesem unvergleichlichen Selbsterwachen, in dieser Welt mit ihren Göttern, ihrem Māra und ihrem Brahmā, dieser Generation mit ihren Einsiedlern und Brahmanen, ihren Herrschern und Bürgern.

12 Und das Wissen und die Vision stieg in mir auf:

‚Unerschütterlich ist die Befreiung des Geistes. Dies ist meine letzte Geburt. Da ist keine Wiedergeburt mehr.‘“

Jāṇussoṇī nimmt Zuflucht

13 Als dies gesprochen war, sagte der Brahmane Jāṇussoṇī zum Erhabenen:

„Exzellent, Meister Gotama! Exzellent, Meister Gotama!

Als würde jemand etwas unrichtig plaziertes richtig stellen, würde freilegen, was verborgen war, würde einem Verlorenen den Weg zeigen, oder würde eine Lampe ins Dunkle halten, sodaß jene mit Augen Formen sehen könnten, in selber Weise, in vielzähliger Art, wurde das Dhamma von Meister Gotama klar gemacht.

„Ich nehme Zuflucht zum Meister Gotama, zum Dhamma und der Gemeinschaft der Mönche. Möge Meister Gotama mich als Laienschüler, der Zuflucht von diesem Tage an, für das ganze Leben genommen hat, in Erinnerung behalten.“

— evaṁ —

Bibliographie   

Jothiya Dhirasekera
1979 „Celibacy“ in Encyclopaedia of Buddhism 1979 4:20 ff.
071120; 090416; 091207; 100920; 111013; 120301; 130911
SD 21.9 http://dharmafarer.org

Anmerkungen   

1.
Anderswo wird das Wort asaṁsaṭṭha in diesem Zusammenhang verwendet. Dies ist eine eindeutige Anspielung auf den Waldeinsiedler, den wandernden Waldmönch. Der Ausdruck, „(er) lebt Umgang suchend“ (saṁsaṭṭhā viharissanti) scheint in Anāgata Bhaya S 4 (A 5.80.5+6/3:109) = SD 1.10(3.4) auf. Die Vinaya missbilligt z.B. die Nonne Thullanandā im „Leben und Kontakt pflegen [in enger Nachbarschaft]“ mit unheilsamen Gesellen (Saṅgh 9 = V 4:239); Thullanandās weiblicher Lehrling Caṇḍakālī „pflegte Kontakt mit Haushältern und Haushältersöhnen“ (saṁsaṭṭhā viharati gahapatinâpigahapati,puttena pi, V 4:293); die Novizin Caṇḍakālī, welche „in enger Nachbarschaft mit Männern und Burschen“ (purisa,saṁsaṭṭha kumāraka,saṁsaṭṭha) lebte, die gewalttätig waren (V 4:333); Mönche sollten eine Handlung der Zurechtweisung (tajjanīya,kamma) gegenüber Klösterlichen, die „in Gesellschaft mit Haushältern“ leben (gihi,saṁsaṭṭha, Cv 1.4.1 = V2:4) setzen. VA sagt, sie seien mit dem Weltlichen „vermischt“ (missībhūtā); was körperliche Handlungen anbelangt, so führten sie Küchenarbeiten aus und kochten für Haushälter, parfümierten und schmückten sich, benutzten Schmuck und Ketten; in Bezug auf Sprache agierten sie als Zwischenträger, laufende Boten (VA 915). Comy zählt 5 Arten des Umgang-Suchens (saṁsagga) auf: durch Hören, Sehen, sich Unterhalten mit, und körperlichen Kontakt (MA 2:143). Hier zum Beispiel ein Mönch, der über solchem Umgang-Suchen steht, Puṇṇa Mantāniputta, siehe Rathavinīta S (M 24.2/1:145 ff.) = SD 28.3.
2.
Im Bezug auf Homosexualität siehe Vakkali S (S 22.87/3:119-124) = SD 8.8; auch Saññoga S (A 7.48/4:57-59) = SD 8.7 Intro (2).
3.
Siehe Sexualität, Sd 31.7.
4.
S 1.20/1:8-12 = SD 21.4.
5.
Siehe insbesondere Nibbedhika Pariyāya S (A 6.63.3/3:411) = SD 6.11.
6.
M 73.13/1:493.
7.
Akhaṇḍaṁ acchiddaṁ asabalaṁ akammāsaṁ paripuṇṇaṁ parisuddhaṁ brahma,cariyaṁ caratî ti.
8.
Silāni akhaṇḍāni acchiddāni asabalāni akammāsāni bhujissāni viññûpasatthāni aparāmatthāni samādhi,samvattanakāni (D 2:80, 3:245; M 1:322, 2:251; S 1:69, 5:408; A 3:134, 3:289, 290; Pm 1:44; Nett 56). Siehe UA 268. Für Details, siehe Vism 1.143-161/51-58.
9.
Ariya,kantāni sīlāni, S 5:364, 382, 386, 396, 408; A 3:36. SA sagt, daß Noble die fünf Tugendregeln nicht verletzen; daher sind sie dieser Tugend „zugeneigt“ (ariya,kanta) (SA 2:74).
10.
Vism 7.104/222; für Details zur Tugend der Noblen findet sich eine Erklärung in Vism 7.101-106/221 f. Siehe auch UA 268.
11.
D 27.16/3:88, SD 2.19
12.
A 7.48/4:57-59 = SD 8.7.
13.
D 3.2.8-20/1:104 f = SD 21.3.
14.
Vism 1.144-150/51-53.
15.
Akhaṇḍaṁ acchiddaṁ asabalaṁ akammāsaṁ paripuṇṇaṁ parisuddhaṁ brahma,cariyaṁ caratî ti: der umgekehrte Fall ist in der darauf folgenden Frage am Ende dieses Abschnittes angeführt. Siehe Einleitung (7)
16.
Betreffend brahmacari siehe Einleitung (7.1)
17.
Api ca kho mātu,gāmassa ucchādana,parimaddana,nahāpana,sambāhanaṁ sādiyati, d.h. Puder auf den Körper reiben, ihn mit Ölen massieren, in parfümierten Wasser baden, die Glieder kneten (DA 88, zusammenfassend); auch in D 1:7,19; A 4:54,16; Nm 380,9.
18.
So tad assādeti, taṁ nikāmeti, tena ca vittim āpajjati, wie in A 1:267 f, 2:126-129, 160. Der letzte Abschnitt auch in D 2:253-256; A 4:54 f; Nm 34; Dhs 484.
19.
Api ca kho mātugāmena saddhiṁ sañjagghati saṅkīḷati saṅkelāyati.
20.
Api ca kho mātugāmassa cakkhunā cakkhuṁ upanijjhāyati pekkhati.
21.
Api ca kho mātugāmassa saddaṁ suṇāti, tiro,kuḍḍaṁ vā tiro,pākāraṁ vā hasantiyā vā bhaṇantiyā vā gāyantiyā vā rodantiyā vā.
22.
Api ca kho yāni’ssa tāni pubbe mātugāmena saddhiṃ hasita,lapita,kīḷitāni, tāsi anussarati.
23.
Api ca kho passati gahapatiṁ vā gahapati,puttaṁ vā pañcahi kāma,guṇehi samappitaṁ samaṅgī,bhūtaṁ paricāriyamānaṃ. Das Verb paricāriyamānaṃ bezieht sich hier nicht nur auf „unterhalten“ durch das Bedienen mit Speisen (was allgemein verständlich ist), sondern schließt auch eindeutig sexuelle Konnotationen mit ein (Olivelle 1999:58 & n29): vgl. paricārenti in Ambaṭṭha S (D 3.2.10a/1:105 n) = SD 21.3.
24.
Api ca kho aññataraṁ deva,nikāyaṁ paṇīdhāya brahma,cariyaṁ carati iminā’haṃ sīlena vā vatena vā tapena vā brahma,cariyena vā devo vā bhavissāmi dev’aññataro vā ‘ti. Comy: Das heißt, er wünscht, ein Devarajah oder ein Devaputra (niedrigeres himmlisches Wesen) zu werden (AA 4:32). Die gesamte Passage ist hier zu finden: siehe D 3:239; M 1:102; S 4:180; A4:18; vgl. A 9.72/4:459.
25.
„Fesseln der Sexualität,“ methuna,saṁyoga; siehe Einleitung (1).
26.
Deva, hier im Sinne von „Devas durch Übereinkunft“ (sammati-deva), d.h. Könige. Die anderen zwei Arten von Devas sind „Götter von Geburt aus“ (upapatti-deva) und „Götter durch Reinigung“ (visuddhi-deva), d.h. die Buddhas, Pratyeka Buddhas und Arhats (Nc 307 KhA 123).