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J 54
{Sutta: J i 272|J 054|J 054} {Vaṇṇanā: atta. J 054|atta. J 054}
Die Erzählung von der Frucht
054
Phala-Jataka (Kiṃphalajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Leicht zu besteigen ist der Baum

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen Laienbruder, der der Früchte kundig war. Ein Gutsbesitzer, der zu Savatthi wohnte, hatte nämlich die Mönchsgemeinde mit Buddha, ihrem Haupte, eingeladen, in seinem Parke Platz nehmen lassen und ihr Reisschleim und feste Speise gegeben. Dann gab er seinem Parkwächter den Auftrag: „Gehe mit den Mönchen im Garten umher und gib den Edlen verschiedene Früchte, wie Mangofrüchte u. dgl.“ Er gab mit dem Worte: „Gut“, seine Zustimmung zu erkennen und ging mit der Mönchsgemeinde zusammen im Garten umher. Wenn er hier einen Baum anschaute, merkte er: „Diese Frucht ist unreif, diese nicht ganz reif, diese ist ganz reif“; und wie er sprach, so war es auch.

Da kamen die Mönche zum Vollendeten und meldeten ihm: „Herr, dieser Parkwächter ist früchtekundig. Wenn er auf dem Boden steht und einen Baum betrachtet, dann merkt er: ‘Diese Frucht ist unreif, diese ist nicht ganz reif, diese ist ganz reif’; und wie er sagt, so ist es auch.“ Darauf sprach der Meister: „Nicht nur dieser Parkwächter, ihr Mönche, ist früchtekundig, sondern auch schon früher waren Weise früchtekundig“; und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva in einer Großkaufmannsfamilie seine Wiedergeburt; und als er herangewachsen war, trieb er mit fünfhundert Wagen Handel. Zu einer Zeit kam er an einen Wald an der Straße. Am Rande des Waldes blieb er stehen, ließ alle seine Leute zusammenrufen und sprach zu ihnen: „In diesem Walde gibt es nämlich nur Giftbäume; kein Blatt, keine Blüte, keine Frucht, die ihr vorher noch nicht genossen habt, dürft ihr verzehren, ohne mich vorher gefragt zu haben.“ Sie gaben mit dem Worte: „Gut“, ihre Zustimmung zu erkennen und gingen in den Wald hinein.

Am Rande des Waldes aber, in der Nähe eines Dorfes, war ein Kimphala-Baum, dessen Stamm, Zweige, Blätter, Blüten sämtlich denen des Mangobaumes glichen. Und nicht nur an Aussehen und Gestalt, sondern auch an Geruch und Geschmack waren seine unreifen Früchte den Früchten des Mango ähnlich; wenn man sie aber aß, brachten sie wie das Halahala-Gift [1] in demselben Augenblicke den Tod. — Als man nun vorwärts zog, meinten einige törichte Leute, es sei ein Mangobaum, und verzehrten die Früchte; andere aber dachten: „Wir wollen sie erst essen, wenn wir den Karawanenführer gefragt“, und blieben stehen, die Früchte in den Händen haltend. Als nun der Karawanenführer herbeikam, fragten sie: „Edler, wir wollen diese Mangofrüchte verzehren.“ Der Bodhisattva aber merkte, dass es kein Mangobaum war, und hielt sie zurück mit den Worten: „Dieser Mangobaum ist nämlich ein Kimphala-Baum; esset nicht davon.“ Die aber schon davon gegessen hatten, ließ er sich erbrechen, vier Arten von Süßigkeiten trinken und machte sie so wieder gesund. —

Früher aber hatten am Fuße dieses Baumes die Leute Aufenthalt genommen, in der Meinung, es seien Mangofrüchte, diese Giftfrüchte verzehrt und waren infolgedessen gestorben. Am nächsten Tage waren dann die Dorfbewohner gekommen und hatten, als sie sahen, dass die Leute tot waren, sie an den Füßen genommen und sie an einen verborgenen Ort geworfen; darauf hatten sie alles, was diesen gehörte, samt den Wagen genommen und waren wieder gegangen. Als nun an diesem Tage die Sonne aufging, dachten sie: „Ich werde die Ochsen erhalten, ich den Wagen, ich die Ware“, und gingen rasch zum Fuße des Baumes hin. Als sie aber die Leute gesund sahen, fragten sie: „Wie habt ihr denn gemerkt, dass dieser Baum kein Mangobaum ist?“ Da fragten seine Leute den Bodhisattva: „Weiser, was hast du getan, dass du erkanntest, dieser Baum sei kein Mangobaum?“ Er antwortete: „An zwei Ursachen habe ich es erkannt“, und sprach darauf folgende Strophe:

[§1] „Leicht zu besteigen ist der Baum, nicht weit ist er vom Dorf entfernt; an seinem Aussehn merke ich, nicht gute Früchte trägt der Baum.“

Nachdem er so viel Volks die Wahrheit gesagt hatte, vollendete er glücklich seine Reise.

[§C]

Nachdem sodann der Meister mit den Worten: „So, ihr Mönche, waren in früherer Zeit Weise der Früchte kundig“, diese Lehrunterweisung beendigt hatte, erklärte er die gegenseitigen Beziehungen und verband das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war das Gefolge das Buddhagefolge, der Karawanenführer aber war ich.“

Ende der Erzählung von der Frucht

Anmerkungen:

1.
Ein bestimmtes scharfes Gift.
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