„Gut ist wohl der Verwandten Menge“
[§A]Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte. Als er nämlich bemerkte, dass bei einem Streit um Wasser seine Verwandten zu großem Schaden kamen, begab er sich durch die Luft dorthin, setzte sich über dem Rohini-Flusse [rote Fluss] mit gekreuzten Beinen nieder, entsandte dunkle Strahlen und erschreckte damit seine Verwandten. Dann stieg er aus der Luft herab, setzte sich am Flussufer nieder und erzählte ihnen etwas über ihren Streit. —
[§D]Dies ist hier nur die Zusammenfassung; die ausführliche Darstellung wird im Kunala-Jātaka [Jātaka 536] gegeben werden. —
Nachdem aber damals der Meister mit seinen Verwandten geredet hatte, sprach er: „O Großkönig, Ihr Verwandte müsst gegenseitig einig und einträchtig sein.“ „Wenn nämlich Verwandte einträchtig sind, bekommen die Feinde keine Macht über sie. Sehen wir von den Menschen ab; auch für die vernunftlosen Bäume ziemt es sich, einträchtig zu sein.“ „Ehedem nämlich traf in der Himalaya-Gegend ein großer Sturm auf einen Sala-Wald. Weil aber dieser Sala-Wald gegenseitig durch Bäume, Sträucher, Gebüsch und Schlingpflanzen verbunden war, konnte der Sturm auch nicht einen Baum zu Fall bringen und ging über ihren Häuptern hinweg. Einen großen Baum aber mit einer Menge von Ästen und Zweigen, der an einer offenen Stelle stand, entwurzelte er, weil er nicht mit anderen Bäumen verbunden war, und brachte ihn zu Fall. Aus diesem Grunde müsst auch Ihr in Einigkeit und Eintracht leben.“ Und nach diesen Worten erzählte er auf ihre Bitte folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.
Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, starb der zum ersten Mal erschienene Großkönig Vessavana [3]. Darauf stellte Sakka einen anderen Vessavana auf. Der nach jenem Vessavana später zur Welt gekommene Vessavana schickte nun den Bäumen, Sträuchern, Büschen und Schlingpflanzen [gemeint sind natürlich die in diesen Pflanzen wohnenden Gottheiten] die Botschaft: „Jeder soll an dem Orte, der ihm gefällt, seinen Aufenthalt nehmen.“
Damals war der Bodhisattva in der Gegend des Himalaya in einem Sala-Walde als eine Baumgottheit wiedergeboren worden. Er sprach zu seinen Verwandten: „Wenn ihr euch Wohnungen sucht, so nehmt sie nicht in Bäumen, die an einem offenen Platze stehen, sondern nehmt sie in diesem Sala-Walde rings um die von mir gewählte Wohnung herum.“ Die weisen Gottheiten nun taten nach den Worten des Bodhisattva und nahmen ihre Wohnung rings um die von ihm gewählte Wohnung herum. Die Unklugen aber dachten: „Was sollen wir mit Wohnungen im Walde? Wir wollen in der Nähe von Menschen am Eingang von Dörfern, Flecken und königlichen Städten unsere Wohnungen nehmen; denn die in der Nähe von Dörfern u. dgl. wohnenden Gottheiten gelangen zu großer Ehre und Verehrung.“ Und sie nahmen in der Nähe der Menschen in großen Bäumen, die an einem offenen Platze wuchsen, ihre Wohnungen.
Eines Tages aber entstand ein großer Regensturm; weil er so stark war, fielen auch die ältesten Waldbäume, die feste Wurzeln hatten, samt der Wurzel zur Erde mit zerbrochenen Ästen und Zweigen. Als der Sturm aber zu dem Sala-Wald kam, der durch gegenseitige Verbindung fest stand, konnte er, obwohl er auf allen Seiten auf ihn traf, auch nicht einen einzigen Baum zu Fall bringen. — Darauf begaben sich die Gottheiten, deren Wohnungen zerbrochen waren und die keine Zuflucht hatten, ihre Kinder an der Hand haltend, nach dem Himalaya und erzählten den Gottheiten im Sala-Walde ihre Geschichte. Diese teilten dem Bodhisattva ihre Ankunft mit. Da sagte der Bodhisattva: „Da sie das Wort der Weisen nicht annahmen, sind sie so ihrer Hilfsmittel beraubt worden.“ Und nach diesen Worten sprach er, die Lehre verkündend, folgende Strophe:
Als der Bodhisattva dies auseinandergesetzt hatte, gelangte er am Ende seines Lebens an den Ort seiner Verdienste.
Darauf sprach der Meister: „So, o Großkönig, ziemt es sich für Verwandte, Eintracht zu bewahren; einträchtig und einig lebet in Liebe zusammen.“
[§C]Nachdem so der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals waren die Gottheiten das Buddhagefolge, die weise Gottheit aber war ich.“
Ende der Erzählung von der Baumtugend