[reload all]
[simple read]

J 113
{Sutta: J i 426|J 113|J 113} {Vaṇṇanā: atta. J 113|atta. J 113}
Die Erzählung von dem Schakal
113
Sigala-Jataka (Siṅgālajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Kannst einem Schakal du vertraun?

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf Devadatta. — Zu dieser Zeit hatten sich die Mönche in der Lehrhalle versammelt und saßen da, indem sie mit folgenden Worten die Unehre des Devadatta verkündeten: „Freund, Devadatta ist mit fünfhundert Mönchen nach dem Geierskopf gezogen und hat, indem er sagte: ‘Was der Asket Gotama tut, das ist nicht die Wahrheit; sondern was ich tue, das nur ist die Wahrheit’, die Mönche seine Partei nehmen lassen. Nachdem er so seiner lügenhaften Rede Erfolg verschafft und die Gemeinde gespalten hat, hat er für einen Zeitabschnitt [1] zwei Uposatha-Tage angesetzt.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist Devadatta ein Lügner, sondern auch schon früher log er“; und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva seine Wiedergeburt als eine Baumgottheit in einem Leichenfeldwalde. Damals wurde zu Benares das Nakkhatta ausgerufen. Die Leute dachten: „Wir wollen den Dämonen Opfer darbringen“; und sie streuten an den verschiedenen Kreuzwegen, Straßen und anderen Orten Fische, Fleisch u. dgl. aus und stellten in Schalen viel Branntwein hin. Ein Schakal aber drang um die Mitternachtszeit durch den Abzugskanal in die Stadt ein, fraß Fisch und Fleisch, trank den Branntwein, legte sich dann in ein Punnaga-Gebüsch und schlief bis zum Sonnenaufgang. Als er erwachte und sah, dass es hell war, dachte er: „Jetzt kann ich nicht entkommen“; und er ging in die Nähe der Straße und legte sich nieder, ohne dass man ihn sah. Auch als er andere Leute sah, sagte er nichts; doch als er bemerkte, wie ein Brahmane daher kam, um sein Gesicht zu waschen, dachte er: „Die Brahmanen sind geldgierig; ich werde ihn durch Geld verlocken und bewirken, dass er mich unter die Schulter nimmt und in seinem Obergewand [2] aus der Stadt herausträgt.“ Und er sprach mit menschlicher Stimme: „Brahmane!“ Dieser drehte sich um und sagte: „Wer ruft mich?“ „Ich, o Brahmane.“ „Warum?“ „O Brahmane, ich habe zweihundert Kahapanas; wenn du mich unter die Schulter nimmst, mit deinem Obergewande bedeckst und so aus der Stadt herausbringen kannst, dass mich niemand sieht, so werde ich dir die Kahapanas geben.“ Der Brahmane willigte in seiner Geldgier ein, tat so, nahm ihn mit, verließ die Stadt und ging noch ein wenig vorwärts. Da fragte ihn der Schakal: „Wohin, Brahmane?“ Er antwortete: „Da und da hin!“ Darauf sagte der Schakal immer wieder: „Gehe noch ein wenig weiter“, bis er zu dem großen Leichenfelde kam, wo er sprach: „Lass mich hier herabsteigen.“ Er ließ ihn hier hernieder. Darauf sagte der Schakal: „Breite also, o Brahmane, dein Obergewand aus.“ Er breitete es aus Geldgier aus. Nun schickte er ihn mit den Worten: „Grabe hier am Fuße des Baumes“, zum Erdaufgraben; er selbst aber stieg auf das Obergewand des Brahmanen, ließ an den vier Zipfeln und in der Mitte, an all den fünf Stellen, seine Exkremente fallen, besudelte und benässte es und lief dann in das Leichenfeldgehölz hinein.

Darauf sprach der Bodhisattva, im Geäste des Baumes sitzend, folgende Strophe:

[§1] „Kannst einem Schakal du vertraun, Brahmane, der den Branntwein trank? Er hat nicht hundert Muschelmünzen [3]; woher zweihundert Kamsas [4] nehmen?“

Nachdem der Bodhisattva diese Strophe gesprochen, sagte er: „Gehe, Brahmane, wasche dein Gewand, bade dich und tue dann deine Arbeit.“ Darauf verschwand er. Der Brahmane tat so; und indem er dachte: „Fürwahr, betrogen bin ich!“, ging er missmutig fort.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Auch damals war Devadatta der Schakal, die Baumgottheit aber war ich.“

Ende der Erzählung vom Schakal

Anmerkungen:

1.
Gewöhnlich wurde das Uposatha viermal im Monate abgehalten; an zwei von diesen Tagen war die Beichtfeier der Mönche. Devadatta wollte überhaupt eine strengere Praxis einführen; vgl. „Leben des Buddha“, S. 180.
2.
Das Obergewand trugen die buddhistischen Mönche auf der Schulter.
3.
Damit sind die Kaurimuscheln gemeint, die in Indien schon in den frühesten Zeiten als kleinste Scheidemünze galten.
4.
Das Kamsa hat eigentlich den Wert von 4 Kahapanas.
[vorige Seite][nächste Seite]