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J 131
{Sutta: J i 467|J 131|J 131} {Vaṇṇanā: atta. J 131|atta. J 131}
Die Erzählung von dem nicht Entsprechenden
131
Asampadana-Jataka (Asampadānajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

14. Asampadānavaggo

Weil eine Gabe nicht entspricht der andern

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf Devadatta. Zu dieser Zeit nämlich nahmen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch auf: „Freund, der undankbare Devadatta kennt nicht den Vorzug des Vollendeten.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Erzählung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er weiter: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist Devadatta undankbar, sondern auch schon früher war er undankbar.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem im Reiche Magadha zu Rajagaha ein König von Magadha regierte, war der Bodhisattva dessen Großkaufmann; er besaß ein Vermögen von achthundert Millionen und hieß der Großkaufmann Samkha. Zu Benares war damals der Großkaufmann Piliya, der ebenfalls ein Vermögen von achthundert Millionen besaß. Diese waren gegenseitig Freunde. — Von ihnen kam zu Benares der Großkaufmann Piliya aus irgendeinem Grunde in große Not und sein ganzes Vermögen ging verloren. Als er nun arm und schutzlos geworden war, setzte er seine Hoffnung auf den Großkaufmann Samkha; und er nahm seine Gattin mit sich, verließ Benares, begab sich zu Fuß nach Rajagaha und ging in das Haus des Großkaufmanns Samkha. Als dieser ihn sah, umarmte er ihn mit den Worten: „Mein Freund ist gekommen“, und nahm ihn mit aller Ehrung auf. Nachdem er einige Tage hatte verstreichen lassen, fragte er ihn eines Tages: „Lieber, aus welchem Grunde bist du gekommen?“ „Ich bin in Not geraten, Freund; all mein Geld ist verloren. Sei mir eine Stütze!“ „Gut, Lieber, fürchte dich nicht“, versetzte der Bodhisattva; und er ließ seine Schatzkammer öffnen und jenem vierhundert Millionen Goldes geben. Auch sein ganzes übriges Eigentum, Gewänder und Gefolge, lebendes und nicht lebendes, teilte er in zwei Teile und gab ihm von allem die Hälfte. Jener kehrte mit dieser Habe nach Benares zurück und nahm dort wieder seinen Aufenthalt.

Zu einer anderen Zeit kam auch der Großkaufmann Samkha in eine solche Not. Als er über seine Rettung nachdachte, kam ihm folgender Gedanke: „Ich habe meinem Freunde einen großen Dienst erwiesen; die Hälfte meines Vermögens habe ich ihm gegeben. Dieser wird mich nicht im Stiche lassen, wenn er mich sieht; zu ihm will ich hingehen.“ Und er nahm seine Gattin mit sich, zog zu Fuß nach Benares und sagte dort zu seiner Gattin: „Liebe, es passt sich nicht, dass du mit mir zusammen auf der Straße gehst. Du wirst den von mir geschickten Wagen besteigen und mit großem Gefolge hinterdrein kommen. Bleibe solange hier, bis ich dir einen Wagen schicke.“ Mit diesen Worten ließ er sie in der Halle [1] bleiben. Er selbst ging in die Stadt hinein, begab sich in das Haus des Großkaufmanns und ließ ihm melden: „Euer Freund, der Großkaufmann Samkha ist aus der Stadt Rajagaha angekommen.“ Jener ließ ihn herbeirufen, indem er sagte: „Er möge kommen.“ Als er ihn sah, erhob er sich nicht von seinem Sitze, noch begann er mit ihm eine liebenswürdige Unterhaltung, sondern er fragte lediglich: „Warum bist du gekommen?“ Der Bodhisattva antwortete: „Ich bin gekommen, um Euch zu besuchen.“ „Wo hast du Wohnung genommen?“ „Ich habe noch keine Wohnung; ich ließ meine Hausfrau in der Halle und kam hierher.“ „Ihr könnt hier nicht wohnen. Nehmt eine Portion Speise, kocht sie irgendwo, verzehrt sie und geht dann wieder. Besuchet uns nicht mehr.“ Und er gab einem Sklaven folgenden Auftrag: „Gib meinem Freunde ein Tumba [2] Kleienmehl und binde es in einen Zipfel seines Gewandes.“ An demselben Tage aber hatte er tausend Wagen voll roter Reiskörner durchsieben lassen und damit sein Vorratshaus gefüllt; und er, der mit einem Vermögen von vierhundert Millionen zurückgekehrt war, der undankbare Erzspitzbube, ließ seinem Freunde nur ein Tumba Kleienmehl geben!

Der Sklave ließ das Tumba Kleienmehl in einen Korb werfen und ging damit zum Bodhisattva hin. Jetzt dachte der Bodhisattva: „Dieser schlechte Mensch hat von mir ein Vermögen von vierhundert Millionen Geldes erhalten und lässt mir jetzt ein Tumba Kleienmehl geben. Soll ich es annehmen oder soll ich es nicht annehmen?“ Da kam ihm folgender Gedanke: „Dieser undankbare Verräter hat wegen des Verlustes meines Vermögens das Freundschaftsverhältnis mit mir gebrochen. Wenn ich nun das von ihm geschenkte Tumba Kleienmehl wegen seiner Geringfügigkeit nicht annehme, werde auch ich die Freundschaft brechen. Blinde Toren brechen die Freundschaft, wenn sie keinen Mehrgewinn dabei erzielen. Ich aber werde durch meine Kraft mit dem von ihm geschenkten Tumba Kleienmehl das Freundschaftsverhältnis wieder aufrichten.“ Und er band das Tumba Kleienmehl in einen Zipfel seines Gewandes, stieg von dem Palaste herab und begab sich nach der Halle.

Seine Frau aber fragte ihn: „Was hast du erhalten, Edler?“ Er antwortete: „Liebe, unser Freund, der Großkaufmann Piliya hat mir ein Tumba Kleienmehl gegeben und schickt uns damit heute noch fort.“ Da sprach sie: „Edler, warum hast du dies angenommen? Ist dies etwa der Summe von vierhundert Millionen entsprechend?“ Und sie begann zu weinen. Der Bodhisattva aber entgegnete: „Liebe, weine nicht; aus Furcht, die Freundschaft mit ihm zu brechen, nahm ich es an, um nach meinen Kräften die Freundschaft aufrecht zu erhalten. Warum bist du bekümmert?“ Und nach diesen Worten sprach er folgende Strophe:

[§1] „Weil eine Gabe nicht entspricht der andern, verfällt des Toren Freundschaft der Vernichtung. Deswegen nehm ich an das Tumba Kleie, dass nicht vergeh die Freundschaft jetzt auf immer.“

Aber auch nach diesen Worten weinte die Gattin des Großkaufmanns noch immer.

In diesem Augenblicke kam ein Landbausklave, den der Großkaufmann Samkha dem Großkaufmann Piliya geschenkt hatte, zur Türe der Halle; und als er das Weinen der Großkaufmannsgattin hörte, ging er in die Halle hinein. Da sah er seine Herren, fiel ihnen zu Füßen, weinte, jammerte und fragte dann: „Warum seid Ihr hierher gekommen, Herr?“ Der Großkaufmann teilte ihm alles mit. Darauf tröstete sie der Landbausklave mit den Worten: „Gut, Herr; bekümmert euch nicht!“; und er führte sie in sein Haus, wusch sie mit wohlriechendem Wasser und speiste sie. Dann versammelte er die übrigen Sklaven, teilte ihnen mit, ihre Herren seien gekommen, und zeigte sie ihnen. Nach einigen Tagen nahm er alle Sklaven mit in den Hof des Königs und dort machten sie einen Tumult. Der König ließ sie rufen und fragte: „Was ist das?“ Sie erzählten ihm die ganze Begebenheit.

Als der König aber ihre Worte vernommen, ließ er die beiden Großkaufleute rufen und fragte den Großkaufmann Samkha: „Ist es wahr, o Großkaufmann, dass du dem Großkaufmann Piliya Geld im Betrage von vierhundert Millionen Gold gegeben hast?“ Jener antwortete: „O Großkönig, als mein Freund im Vertrauen auf mich nach Rajagaha kam, gab ich ihm nicht nur das Geld, sondern aus meinem ganzen Eigentum, dem lebenden und nicht lebenden, machte ich zwei Teile und gab ihm den gleichen Anteil.“ Darauf fragte der König den Großkaufmann Piliya: „Ist dies wahr?“ „Ja, Herr“, antwortete dieser. „Hast du aber, als dieser im Vertrauen auf dich hierher kam, ihm irgendeine Ehrung oder Auszeichnung erwiesen?“ Jener blieb stumm. Der König fragte weiter: „Hast du aber diesem sogar nur ein Tumba Kleienmehl geschenkt und in einen Zipfel seines Gewandes tun lassen?“ Auch auf diese Worte hin blieb jener stumm.

Darauf beriet sich der König mit seinen Ministern, was zu tun sei; und er verurteilte jenen und sagte: „Geht und gebt das ganze Vermögen im Hause des Großkaufmanns Piliya dem Großkaufmann Samkha!“ Doch der Bodhisattva sprach: „O Großkönig, ich trage kein Verlangen nach dem, was einem anderen gehört; lasst mir nur das zurückgeben, was ich ihm gab.“ Darauf ließ der König dem Bodhisattva sein Eigentum zurückgeben. Nachdem aber der Bodhisattva das ganze von ihm hergeschenkte Vermögen wiedererhalten hatte, begab er sich, von der Schar seiner Sklaven umgeben, nach Rajagaha und stellte seinen Besitz wieder her. Und nachdem er gute Werke wie Almosen Geben u. dgl. verrichtet hatte, kam er an den Ort seiner Verdienste.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war der Großkaufmann Piliya Devadatta, der Großkaufmann Samkha aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem nicht Entsprechenden

Anmerkungen:

1.
Vor dem Stadttore befand sich ein Haus, in dem die Fremden Aufenthalt nehmen konnten. Vgl. Jātaka 96 und den Anfang des nächsten Jātaka.
2.
Ein kleines Hohlmaß, etwa gleich einem Alhaka (vgl. Jātaka 107 Anm. 4).
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