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J 158
{Sutta: J ii 032|J 158|J 158} {Vaṇṇanā: atta. J 158|atta. J 158}
Die Erzählung von Suhanu
158
Suhanu-Jataka (Suhanujātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Nicht sind ungleicher Art die beiden

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf zwei streitsüchtige Mönche. Zu der Zeit nämlich war im Jetavana ein streitsüchtiger, grober, gewalttätiger Mönch und ebenso auch einer auf dem Lande. Eines Tages nun kam der Mönch vom Lande aus irgendeinem Anlasse nach dem Jetavana. Die Novizen und die jungen Mönche kannten seinen streitsüchtigen Charakter; und indem sie dachten: „Wir wollen uns den Streit zwischen diesen zwei Streitsüchtigen ansehen“, schickten sie aus Mutwillen diesen Mönch nach der Zelle des Jetavana-Bewohners. Als aber die beiden Streitsüchtigen einander sahen, begegneten sie sich in voller Eintracht und taten sich Liebesdienste, indem sie einander die Hände, die Füße, den Rücken rieben u. dgl.

In der Lehrhalle begannen darauf die Mönche folgende Unterhaltung: „Freund, diese streitsüchtigen Mönche sind gegen andere wild, grob und gewalttätig; da sie aber einander sahen, wurden sie friedlich, einträchtig und weilten in Liebe zusammen.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Dies ist nicht nur jetzt so, ihr Mönche, sondern auch schon früher wurden solche, die gegen andere wild, grob und gewalttätig waren, gegen einander friedlich, einträchtig und erwiesen sich Liebesdienste.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva dessen beständiger Ratgeber in geistlichen und weltlichen Dingen. Der König aber war etwas geldgierig. Er besaß ein fehlerhaftes Pferd, Mahasona [1] mit Namen. — Nun brachten einmal Pferdehändler aus der Gegend des Nordens fünfhundert Pferde. Man teilte dem Könige mit, dass die Pferde angekommen seien. Früher nun hatte der Bodhisattva die Pferde abschätzen lassen und den Preis bezahlt, ohne ihn herunterzusetzen. Unzufrieden mit ihm ließ der König einen andern Minister rufen und sagte zu ihm: „Lieber, lasse du die Pferde abschätzen. Wenn du sie abschätzen lassest, so lasse zuerst den Mahasona los, damit er zu den anderen Rossen hinzukommt. Er wird sie beißen und wund machen; wenn sie dann schwach sind und ihr Wert gesunken ist, so lasse sie dann abschätzen.“ Jener gab mit dem Worte: „Gut“, seine Zustimmung und tat so.

Missmutig darüber erzählten die Pferdehändler dem Bodhisattva, was geschehen war. Der Bodhisattva fragte: „Gibt es nicht vielleicht in eurer Stadt ein fehlerhaftes Pferd?“ Sie antworteten: „Ja, Herr, das Ross Suhanu [2] ist ein fehlerhaftes Pferd; es ist streitsüchtig und wild.“ „So geht heim und holt dieses Pferd.“ Sie stimmten zu mit dem Worte: „Gut“, gingen heim, ließen das fehlerhafte Pferd mitnehmen und kehrten dann wieder zurück. — Als der König hörte, die Pferdehändler seien wiedergekommen, öffnete er sein Fenster, betrachtete die Rosse und befahl dann, den Mahasona loszulassen. Als aber die Pferdehändler den Mahasona kommen sahen, ließen sie den Suhanu los. Als nun die beiden Tiere zueinander hinkamen, blieben sie stehen und leckten sich gegenseitig den Körper.

Nun fragte der König den Bodhisattva: „Freund, diese beiden fehlerhaften Pferde sind gegen andere streitsüchtig, wild und gewalttätig; sie beißen die anderen Pferde und machen sie krank. Einander aber lecken sie den Körper und bleiben in Eintracht zusammenstehen. Was ist dies?“ Der Bodhisattva erwiderte: „O Großkönig, diese sind nicht von verschiedenem Betragen; sie haben gleiches Betragen und sind von gleicher Art.“ Und nach diesen Worten sprach er folgende Strophen:

[§1] „Nicht sind ungleicher Art die beiden, der Sona und der Suhanu; denn Suhanu ist ebenso, wie die Natur des Sona ist. [§2] Zu einem Kühnen, einen Frechen, der immer an dem Zügel beißt, zu einem Schlimmen passt der Schlimme, zu einem Bösen passt der Böse.“

Nach diesen Worten aber fuhr der Bodhisattva fort: „O Großkönig, ein König darf nicht zu habsüchtig sein. Es ziemt nicht, das Eigentum eines andern zugrunde zu richten.“ Nachdem er so den König ermahnt, ließ er die Rosse abschätzen und gab dafür den gebührenden Preis. — Als nun die Pferdehändler den gebührenden Preis erhalten hatten, gingen sie erfreut und befriedigt. Der König aber beharrte bei der Ermahnung des Bodhisattva und gelangte an den Ort seiner Verdienste.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals waren die zwei Rosse diese bösen Mönche, der König war Ananda, der weise Minister aber war ich.“

Ende der Erzählung von Suhanu

Anmerkungen:

1.
Der Name bedeutet „der große Rote“.
2.
Dieser Name bedeutet „das Tier mit starken Kinnbacken“.
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