[reload all]
[simple read]

J 345
{Sutta: J iii 141|J 345|J 345} {Vaṇṇanā: atta. J 345|atta. J 345}
Die Erzählung von der Schildkröte
345
Gajakumbha-Jataka (Gajakumbhajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Wenn Feuer diesen Wald verbrennt

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen trägen Mönch. Dieser nämlich, ein zu Savatthi wohnender Sohn aus guter Familie, hatte der Lehre sein Herz geschenkt. Obwohl er aber Mönch geworden, war er träge; er war der Rezitation, dem Fragenstellen, der weisen Beherzigung, der Erfüllung der großen und kleinen Pflichten u. dgl. abgeneigt, von den fünf Hindernissen [1] erfüllt und immer an den Orten, wo man saß und stand.

Wegen dieser seiner Trägheit begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, der Mönch so und so, der doch in dieser zum Heile führenden Lehre Mönch geworden ist, ist beständig träge, bequem und von den Hindernissen erfüllt.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch früher schon war dieser träge.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva sein erster Minister. Der König von Benares aber war von Natur träge. Der Bodhisattva dachte: „Ich will den König bekehren“, und suchte beständig nach einem Mittel.

Als nun eines Tages der König sich nach seinem Parke begeben hatte und dort verweilte, von seinen Ministern umgeben, sah er eine träge Schildkröte. Obwohl nämlich solche träge Tiere den ganzen Tag kriechen, kommen sie nur einen oder zwei Zoll vorwärts. Als der König sie sah, fragte er: „Freund, was ist das?“ Der Bodhisattva antwortete: „Eine träge Schildkröte ist dies, o Großkönig. Obwohl eine solche nämlich den ganzen Tag kriecht, kommt sie doch nur einen oder zwei Zoll vorwärts.“ Und indem er die Schildkröte anredete, sagte er: „Holla, Schildkröte, Ihr habt einen schwerfälligen Gang. Wenn in diesem Walde ein Waldbrand entsteht, was tut Ihr da?“ Nach diesen Worten sprach er folgende Strophe:

[§1] „Wenn Feuer diesen Wald verbrennt, wenn eine Feuersbrunst entsteht, was tust du dann, du Schwankende, wenn du so langsam vorwärts kommst?“

Als dies die Schildkröte hörte, sprach sie folgende zweite Strophe:

[§2] „Viel Löcher gibt es in den Bäumen und viele Ritzen in der Erde; wenn wir zu diesen nicht gelangen, so müssen wir dann eben sterben.“

Da dies der Bodhisattva vernahm, sprach er die folgenden zwei übrigen Strophen:

[§3] „Wer eilt, wenn er soll langsam sein, und langsam ist, wenn er soll eilen, zerbricht sein eignes Glück, wie wenn er an ein trocknes Blatt gestoßen. [§4] Wer langsam ist, wo es am Platze, und eilt da, wo er eilen soll, dem wird ein volles Glück zu teil, so wie der Mond die Nacht erhellt.“

Als der König diese Worte des Bodhisattva vernahm, gab er von da an die Trägheit auf.

[§C]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war die Schildkröte der träge Mönch, der weise Minister aber war ich.“

Ende der Erzählung von der Schildkröte

Anmerkungen:

1.
Die fünf Hindernisse für das religiöse Leben sind:
  • (1.) Lust,
  • (2.) Hass,
  • (3.) Trägheit,
  • (4.) Stolz und
  • (5.) Zweifelsucht.
Es werden auch noch andere fünf Hindernisse erwähnt, die sich auf äußere Dinge beziehen, nämlich:
  • (1.) Schulden,
  • (2.) Krankheit,
  • (3.) Gefangenschaft,
  • (4.) Sklaverei und
  • (5.) ein schlechter Weg.
[vorige Seite][nächste Seite]