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J 402
{Sutta: J iii 349|J 402|J 402} {Vaṇṇanā: atta. J 402|atta. J 402}
Die Erzählung von dem Kuchenranzen
402
Sattubhasta-Jataka (Sattubhastajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Verwirrt ist dir der Geist

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf die Vollendung in der Weisheit.

[§D]

Die Erzählung aus der Gegenwart wird im Ummagga-Jātaka [1] berichtet werden.

[§B]

Ehedem regierte zu Benares ein König namens Janaka. Damals nahm der Bodhisattva in einer Brahmanenfamilie seine Wiedergeburt; man gab ihm den Namen „der junge Senaka“ [1a]. Als er herangewachsen war und zu Takkasilā alle Künste erlernt hatte, kehrte er nach Benares zurück und suchte den König auf. Der König gab ihm einen Ministerposten und ließ ihm große Ehrung zuteil werden. Er war aber der Ratgeber des Königs in weltlichen und geistlichen Dingen. Mit lieblichen Worten erklärte er dem Könige die Wahrheit und befestigte ihn in den fünf Geboten; auch im Almosen Spenden, in der Beobachtung der Uposatha-Gebräuche, in den zehn Wegen der Tugend [2], kurz in dem Wandel im Guten befestigte er ihn.

Im ganzen Reiche war es, als sei ein Buddha erschienen. An den Tagen der Monatshälften versammelten sich der König, der Vizekönig u. a. und brachten die Lehrhalle in Ordnung. Dann setzte sich der Bodhisattva in der in Ordnung gebrachten Lehrhalle mitten auf ein Polster aus dem Felle der Sarabha-Gazelle und predigte mit Buddha-Anmut die Lehre; seine Unterweisung aber glich der Predigt der Buddhas.

Damals hatte ein alter Brahmane sich Geld erbettelt und tausend Kahapanas erhalten. Er brachte diese Summe zu einer Brahmanenfamilie und ging weg, um wieder Geld zu erbetteln. Als er aber fortgezogen war, gab die Familie die Kahapanas aus. Als er wiederkam, wollte er das Geld herbeiholen lassen. Da nun der andere Brahmane ihm die Kahapanas nicht geben konnte, machte er seine Tochter zu dessen Dienerin und gab sie ihm. Der Brahmane nahm sie mit sich und nahm in einem Brahmanendorfe unweit von Benares Wohnung.

Seine Gattin aber war infolge ihrer Jugend unersättlich in den Lüsten und trieb mit einem jungen Brahmanen Unzucht. Es gibt nämlich sechzehn Gegenstände, die nicht zu ersättigen sind:

  • (1.) Der Ozean wird nicht ersättigt durch alle Flüsse,
  • (2.) das Feuer wird nicht ersättigt durch Brennmaterial,
  • (3.) ein König wird nicht ersättigt durch Herrschaft,
  • (4.) ein Tor wird durch Sünden nicht ersättigt,
  • (5.) ein Weib wird nicht ersättigt durch drei Dinge:
  • (5.1.) durch Unkeuschheit,
  • (5.2.) durch Schmuck und
  • (5.3.) durch Kindergebären,
  • (6.) ein Brahmane wird nicht ersättigt durch heilige Sprüche,
  • (7.) ein Ekstatiker wird nicht ersättigt durch Meditation,
  • (8.) ein nach der Heiligkeit Ringender [3] wird nicht ersättigt durch Ehre,
  • (9.) ein Genügsamer wird nicht durch asketisches Leben ersättigt,
  • (10.) ein kräftiger Mann wird nicht ersättigt durch Anstrengen der Kräfte,
  • (11.) ein Erzähler wird nicht durch Gespräch ersättigt,
  • (12.) ein Gelehrter wird nicht von der Versammlung ersättigt,
  • (13.) ein Gläubiger wird nicht durch den Dienst der Mönchsgemeinde ersättigt,
  • (14.) ein Spender wird nicht durch Freigebigkeit ersättigt,
  • (15.) ein Weiser wird nicht durch das Hören der Lehre ersättigt,
  • (16.) die vier Versammlungen [4] werden nicht ersättigt vom Anschauen des Vollendeten.

Auch jene Brahmanin war unersättlich in der Betätigung der Unreinheit und wollte den Brahmanen fortschaffen und frei ihre bösen Taten ausführen. Deshalb legte sie sich eines Tages missgestimmt nieder, und als ihr Mann sie fragte: „Was fehlt dir, Liebe?“ antwortete sie: „Brahmane, ich kann in deinem Hause die Arbeit nicht verrichten, bringe eine Magd herbei!“ Er antwortete: „Liebe, ich habe kein Geld; womit soll ich sie dingen?“ Darauf sagte sie: „Gehe wieder auf Almosen aus, erbettle dir Geld und bringe es her.“ „Gut, Liebe“, versetzte er, richte mir also Reisezehrung her.“ Sie füllte einen Fellranzen mit gebacknem Kuchen und ungebacknem Kuchen und gab ihm dies.

Nun wandelte der Brahmane in Dörfern, Märkten und Residenzen umher. Als er siebenhundert Kahapanas erhalten, dachte er: „Soviel Geld ist genug, um einen Sklaven und eine Sklavin damit zu bezahlen“; er kehrte um und ging nach seinem Dorfe zurück. An einer günstig gelegenen Wasserstelle tat er seinen Ranzen herunter und verzehrte von dem Kuchen; dann stieg er, ohne die Öffnung des Ranzens zu schließen, hinab, um Wasser zu trinken. Es roch aber eine schwarze Schlange in einem hohlen Baume den Duft des Kuchens; sie schlüpfte in den Ranzen, bog ihren Körper zusammen und legte sich nieder, indem sie den Kuchen verzehrte. Als der Brahmane zurückkehrte, band er den Ranzen, ohne hineinzuschauen, zusammen, hängte ihn über seine Schulter und ging weiter.

Unterwegs aber sprach eine Gottheit, die in einem Baume wohnte, zu ihm, indem sie in die Gabel des Baumes trat: „Brahmane, wenn du unterwegs verweilst, so wirst du selbst sterben; wenn du aber heute noch nach Hause zurückkehrst, so wird deine Gattin sterben.“ Nach diesen Worten verschwand sie. Jener schaute auf; da er die Gottheit nicht sah, fürchtete er sich und wurde von Todesangst erfüllt. Weinend und jammernd kam er so an das Stadttor von Benares.

Damals war aber gerade das Uposatha am fünfzehnten Tage [5]; es war der Tag, wo der Bodhisattva auf geschmücktem Sitze sich niederzulassen und die Wahrheit zu predigen pflegte. Eine große Menschenmenge kam in Scharen heran, um die Predigt zu hören. Als der Brahmane sie sah, fragte er: „Wohin geht ihr?“ Sie antworteten: „Brahmane, heute predigt der weise Senaka mit süßer Stimme, mit Buddha-Anmut die Lehre, weißt du dies nicht?“ Da dachte er bei sich: „Ein Weiser ist sicherlich der, der die Lehre predigt, und ich bin von Todesangst erfüllt. Die Weisen sind aber im Stande, auch einen großen Schmerz zu beseitigen. Auch ich muss dorthin gehen und die Predigt hören.“ Er begab sich mit jenen dorthin und stellte sich am Ende der Versammlung, die mit dem Könige rings um den Bodhisattva saß, mit seinem Ranzen auf dem Rücken unweit des Predigtstuhles auf, von Todesfurcht erfüllt.

Der Bodhisattva erklärte nun die Lehre, als wollte er die himmlische Ganga [6] herabholen oder als wollte er einen Regen von Nektar herabströmen lassen. Voll Freude gab die Menschenmenge ihren Beifall zu erkennen und hörte der Predigt zu. Die Weisen aber können weit in die Ferne schauen.

In diesem Augenblick öffnete der Bodhisattva seine anmutigen, mit den fünf Reizen versehenen Augen und betrachtete nach allen Seiten die Versammlung. Da sah er den Brahmanen und dachte: „Diese so große Versammlung hört voller Freude unter Beifallsbezeigungen die Lehre; dieser eine Brahmane aber ist bekümmert und weint. In seinem Innern muss ein Schmerz sein, der Tränen hervorzurufen im Stande ist. Ich werde ihn, wie wenn Kupferrost von einer Säure getroffen wird oder wie ein Wassertropfen von einem Lotosblatt herabrollt, so kummerlos und zufriedenen Sinnes machen und ihm dann die Lehre verkünden.“ Er redete ihn an: „O Brahmane, ich bin der weise Senaka. Jetzt werde ich dich von deinem Kummer befreien. Erzähle nur frei heraus!“ Und indem er ihn anredete, sprach er folgende erste Strophe:

[§1] „Verwirrt ist dir der Geist, ängstlich der Sinn, aus deinen Augen strömen Tränen nieder. Was hast verloren du und was begehrst du, dass du hierher kommst? Sag mir dies, Brahmane!“

Um ihm die Ursache seines Kummers zu erzählen, sprach der Brahmane folgende zweite Strophe:

[§2] „Die Gattin wird mir sterben, komm ich heute; doch komm ich nicht, so muss ich selber sterben. So sagt' der Dämon mir. Dies ist mein Schmerz. Erkläre mir die Sache, Senaka!“

Als der Bodhisattva die Worte des Brahmanen vernommen, dachte er, indem er, wie man im Meere das Netz auswirft, das Netz der Erkenntnis ausbreitete: „Für uns Menschen gibt es viele Todesursachen. Wenn man im Meere untergeht, so stirbt man, auch wenn man dort von Schlangen und Fischen gepackt wird; auch wenn man in den Ganges fällt oder dort von Krokodilen erfasst wird; auch wenn man von einem Baume herab fällt oder von Dornen verletzt wird; auch wenn man von den verschiedenartigen Waffen getroffen wird; auch wenn man Gift genießt oder wenn man sich aufhängt; auch wenn man in einen Abgrund stürzt oder durch zu große Kälte u. dgl.; oder wenn man durch die verschiedenen Krankheiten geplagt wird, stirbt man. Wo es also so viele Todesursachen gibt, aus welcher Ursache wird da dieser Brahmane, wenn er heute noch unterwegs bleibt, selbst sterben, wenn er aber nach Hause geht, wird seine Gattin sterben?“

Während er aber so dachte, sah er auf der Schulter des Brahmanen den Ranzen; da kam ihm folgender Gedanke: „In diesen Ranzen muss eine Schlange eingedrungen sein. Sie wird aber wegen des Kuchenduftes hineingekrochen sein, als der Brahmane zur Zeit des Frühmahles seinen Kuchen aß und dann, ohne die Öffnung des Ranzens zu verschließen, fort ging, um Wasser zu trinken. Der Brahmane aber wird, als er vom Wassertrinken zurückkam, nicht gemerkt haben, dass eine Schlange hineingeschlüpft war, sondern den Ranzen wieder zugebunden haben und damit fort gegangen sein. Wenn er nun heute noch unterwegs bleibt und am Abend an seinem Rastorte, um den Kuchen zu verzehren, den Ranzen öffnet und die Hand hineinstreckt, so wird ihn die Schlange in die Hand beißen und dadurch töten; dies ist der Grund, warum er sterben wird, wenn er unterwegs bleibt. Wenn er aber nach Hause ginge, würde der Ranzen in die Hand seiner Frau kommen. Diese wird dann, um das Geld darinnen zu sehen, den Ranzen öffnen und die Hand hineinstrecken; dann wird sie von der Schlange gebissen und muss deshalb sterben. Dies ist der Grund, warum seine Gattin sterben wird, wenn er noch heute nach Hause zurückkehrt.“ So erkannte er kraft seiner Einsicht, die sich auf alle Listen verstand.

Da kam ihm folgender Gedanke: „Diese Schlange, die schwarze Natter, muss mutig und furchtlos sein. Denn auch während der Ranzen an die Seite des Brahmanen anschlägt, zeigt sie keine Bewegung und keine Erregung. Selbst inmitten einer solchen Versammlung verrät sie nicht ihr Dasein. Darum muss es eine mutige, furchtlose schwarze Schlange sein.“ So erkannte er auch dies kraft seiner alle Listen kennenden Einsicht, als ob er es mit göttlichem Auge durchschaute.

So löste der Bodhisattva inmitten der Versammlung, der auch der König beiwohnte, gerade als sei er ein Mann, der dabei gestanden wäre, als die Schlange in den Ranzen schlüpfte, die Frage des Brahmanen und sprach, um dies auseinanderzusetzen, folgende dritte Strophe:

[§3] „Nachdem ich viele Ursachen erwogen, ist dies die Wahrheit, wie ich dir jetzt sage. Ich glaub, Brahmane, in den Kuchenranzen [6a] ist unbemerkt geschlüpft'ne schwarze Schlange.“

Nach diesen Worten aber fragte er: „Brahmane, sind Kuchen in diesem Ranzen?“ „Ja, du Weiser.“ ,,Hast du heute zur Zeit des Frühmahles von den Kuchen gegessen?“ „Gewiss, du Weiser.“ „Wo hast du dich hingesetzt?“ „Im Walde an den Fuß eines Baumes.“ „Als du den Kuchen gegessen hattest und weggingst, um Wasser zu trinken, hast du da die Öffnung des Ranzens verschlossen oder hast du sie nicht verschlossen?“ „Ich habe sie nicht verschlossen, du Weiser.“ „Als du vom Wassertrinken zurückkehrtest, hast du da den Ranzen erst verschlossen, nachdem du hineingeschaut?“ „Ohne hineinzuschauen verschloss ich ihn, du Weiser.“

Darauf sprach der Bodhisattva: „Brahmane, als du fort gegangen warst, um Wasser zu trinken, ist, ohne dass du es merktest, infolge des Kuchenduftes eine Schlange in deinen Ranzen hineingeschlüpft, glaube ich. Das ist die Sache. Darum nimm deinen Ranzen herunter und lege ihn inmitten der Versammlung nieder; mache dann die Öffnung frei, tritt zurück, nimm einen Stock und schlage sogleich auf den Ranzen. Dann wirst du sehen, wie eine schwarze Schlange mit aufgerichtetem Schweife zischend hervorkommt, und wirst so von deinem Zweifel befreit werden.“ Nach diesen Worten sprach er folgende vierte Strophe:

[§4] „Nimm einen Stock und schlage auf den Ranzen; du siehst die Schlange geifernd, doppelzüngig. Gib heute auf die Ängstlichkeit, den Zweifel; sieh auf die Schlange, öffne deinen Ranzen!“

Als der Brahmane die Rede des Bodhisattva vernommen, tat er dies ängstlich und furchtsam. Als aber der Körper der Schlange von dem Stock getroffen wurde, da kam sie aus der Öffnung des Ranzens hervor und blieb stehen, indem sie die Volksmenge betrachtete.

Um diese Begebenheit zu erklären, sprach der Meister folgende fünfte Strophe:

[§5] Mit Angst im Blick inmitten der Versammlung den Kuchenranzen öffnet der Brahmane. Die Schlange kam heraus voll Zornesglut, die gift'ge Natter, hoch gestellt den Schweif.

Als aber die Schlange mit aufgerichtetem Schweife hervorkam, da war die Vorherbestimmung des Bodhisattva wie die eines allwissenden Buddha. Die ganze Volksmenge ließ tausendfach ihre Gewänder in der Luft fliegen, tausendfach wurde vor Freude mit den Fingern geklappt, man ließ einen Regen der sieben Arten der Kleinodien herabströmen wie den Regen einer dicken Wolke, hunderttausend Beifallsrufe erschallen; es war ein Lärm wie wenn die große Erde berstet. Wenn aber eine solche Frage mit Buddha-Anmut beantwortet wird, so kommt diese Fähigkeit nicht von der Geburt oder von Abstammung, Familie, Kaste, Ruhm und Geld. Wovon kommt aber eine solche Fähigkeit? Von der Weisheit. Ein weiser Mann nämlich stärkt seinen Scharfblick, öffnet das Tor zum edlen Wege und gelangt so zum unsterblichen großen Nirvana. Er macht sich die Schülervollendung, die Teilerleuchtung und die völlige Erleuchtung zu eigen. Denn unter den Tugenden, die zum unsterblichen großen Nirvana führen, ist die Einsicht die wertvollste; die übrigen sind nur ihr Gefolge. Darum wird auch gesagt:

[§5.1] „Die Einsicht ist das Beste, sagt der Weise, wie unter den Gestirnen herrscht der Mond. Tugend und Schönheit, ernste Überlegung, sie alle sind dem weisen Manne dienstbar.“

Als aber der Bodhisattva so die Frage gelöst hatte, machte ein Schlangenbändiger einen Maulkorb für die Schlange, fasste die Schlange und ließ sie im Walde los. Der Brahmane aber ging zum Könige hin, wünschte ihm Sieg, faltete die Hände gegen ihn und sprach, um ihn zu preisen, folgende Halbstrophe:

[§6a] „Gar viel wert ist's für König Janaka, dass er die Weisheit Senakas kann sehen.“

Nachdem er aber so den König gepriesen, nahm er aus seinem Ranzen die siebenhundert Kahapanas, lobte den Bodhisattva und sprach, weil er eine freudige Gabe geben wollte, folgende anderthalb Strophen:

[§6b] „Vor dir flieht alles Dunkel, alles weißt du, Erschrecken flößt dein Wissen ein, Brahmane. [§7] Die siebenhundert Münzen hier besitz ich, empfang sie alle; dir geb ich sie gerne. Durch dich ward mir das Leben heut' gerettet und meiner Frau auch hast du Heil gebracht.“

Als dies der Bodhisattva hörte, sprach er folgende achte Strophe:

[§8] „Nicht wollen Geldeslohn [7] die Weisen haben durch ihre klaren, wohl gefassten Verse. Dein Geld, Brahmane, gebe man dir wieder; mit ihm in deine Wohnung kehr zurück.“

Nach diesen Worten aber ließ der Bodhisattva dem Brahmanen die tausend Kahapanas voll machen und ihm geben. Dann fragte er: „Brahmane, von wem bist du zum Geld Sammeln ausgeschickt worden?“ „Von meiner Gattin, du Weiser.“ „Ist deine Gattin alt oder jung?“ „Sie ist jung, Weiser.“ Darauf sprach der Bodhisattva: ,,Also hat sie dich fortgeschickt, weil sie mit einem andern Unzucht treibt und dabei ohne Furcht sein will. Wenn du diese Kahapanas nach Hause bringst, wird sie das Geld, das du so schwer erhalten, ihrem Buhlen geben. Darauf gehe nicht geradewegs nach Hause, sondern verstecke das Geld außerhalb des Dorfes am Fuße eines Baumes und gehe dann nach Hause.“ Mit diesen Worten entließ er ihn.

Jener versteckte, als er in die Nähe seines Dorfes kam, die Kahapanas am Fuße eines Baumes und ging am Abend in sein Haus. In diesem Augenblick saß gerade seine Gattin mit ihrem Buhlen zusammen. Der Brahmane trat an die Türe und rief: ,,Liebe!“ Als sie seine Stimme hörte, löschte sie die Lampe aus und öffnete die Türe. Nachdem er eingetreten war, führte sie den andern hinaus und ließ ihn vor der Tür stehen. Dann ging sie in das Haus hinein. Als sie aber im Ranzen nichts fand, fragte sie: ,,Brahmane, was hast du auf deinem Almosengang erhalten?“ Er antwortete: ,,Ich habe tausend erhalten.“ „Wo sind sie denn?“ „Ich habe sie da und da versteckt; in der Frühe wollen wir es holen. Bekümmere dich nicht!“ Jene ging hin und erzählte es ihrem Buhlen. Darauf eilte dieser fort und nahm es an sich, als ob er es hingelegt hätte.

Als am andern Tage der Brahmane hinging und die Kahapanas nicht fand, kam er wieder zum Bodhisattva, der ihn fragte, was er wolle. Er antwortete: „Ich finde die Kahapanas nicht.“ „Hast du es aber deiner Gattin erzählt?“ „Ja, du Weiser.“ Da nun der Bodhisattva erkannte, dass diese es ihrem Buhlen gesagt habe, fragte er weiter: „Gibt es einen Brahmanen, der zur Familie deiner Frau gehört?“ „Es gibt einen, Weiser.“ „Hast auch du einen solchen?“ „Ja, du Weiser“, war die Antwort.

Darauf ließ ihm der Bodhisattva Geld für sieben Tage geben und sprach zu ihm: „Gehe, lade du sieben und deine Gattin sieben, im ganzen also vierzehn Brahmanen zum Mahle ein. Vom nächsten Tage an lasset immer einen weg; am siebenten Tage lade dann du einen und deine Gattin einen, im ganzen also zwei Brahmanen ein. Wenn du dann gemerkt hast, dass der von deiner Gattin am siebenten Tage eingeladene Brahmane beständig kommt, so teile mir dies mit.“ Der Brahmane tat so und meldete dann dem Bodhisattva: „Du Weiser, ich habe mir den Brahmanen gemerkt, der beständig zum Mahle kommt.“

Darauf schickte der Bodhisattva Männer mit ihm, ließ diesen Brahmanen herbeiholen und fragte ihn: ,,Hast du die tausend Kahapanas, die diesem Brahmanen gehören, vom Fuße dieses bestimmten Baumes weggenommen?“ „Ich habe sie nicht genommen, Weiser“, antwortete jener. Doch der Bodhisattva fuhr fort,: „Du weißt nicht, dass ich der weise Senaka bin; ich werde die Kahapanas herbeiholen lassen.“ Darauf gestand er furchtsam ein, dass er sie genommen habe. „Was hast du damit getan?“, fragte weiter der Bodhisattva. „Ich habe sie ebendort versteckt, du Weiser“, antwortete er.

Jetzt fragte der Bodhisattva den Brahmanen: „Brahmane, soll jene deine Gattin bleiben oder willst du dir eine andere nehmen?“ Er erwiderte: „Sie soll mein bleiben, Weiser.“ Darauf schickte der Bodhisattva Leute fort und ließ die Kahapanas des Brahmanen und dessen Gattin herbeiholen. Der diebische Brahmane musste dem alten Brahmanen sein Geld zurückgeben; dann wurde die Königsstrafe an ihm vollzogen und er aus der Stadt gejagt. Auch die Brahmanin ließ der Bodhisattva bestrafen; dem Brahmanen aber verlieh er große Ehren und ließ ihn bei sich selbst wohnen.

[§C]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangten viele zur Frucht der Bekehrung usw.): „Damals war der Brahmane Ananda, die Gottheit war Sāriputta, die Versammlung war die Buddhaschar, der weise Senaka aber war ich.“

Ende der Erzählung vom Kuchenranzen

Anmerkungen:

1.
Jātaka 546.
1a.
Auf Pali: „Senakakumara“, als Erwachsener dann „Senakapandita” = „der weise Senaka”.
2.
Die zehn Wege tugendhaften Wandels sind:
  • 1. die Enthaltung vom Töten lebender Wesen,
  • 2. die Enthaltung vom Nichtspenden von Almosen,
  • 3. von Unzucht,
  • 4. von Lügen,
  • 5. von Verleumdung,
  • 6. von unfreundlicher Rede,
  • 7. von unzüchtiger Rede,
  • 8. Freiheit von Begierden,
  • 9. Freisein von Bosheit gegen andre,
  • 10. rechter Glaube.
3.
Das Pali-Wort „sekha“ umfasst alle Grade der nach Heiligkeit Strebenden außer dem Arhat, dem Heiligen selbst.
4.
Nämlich die Versammlung der Mönche, der Nonnen, der Laienbrüder und der Laienschwestern.
5.
Das Uposatha-Fest fand immer am 1. [= Neumond] und 15. [= Vollmond] eines Monats statt.
6.
Damit ist die Milchstraße gemeint; vgl. Band Jātaka 172 Anm. 2.
6a.
Auf Pali: „sattubhasta”. Daher der Titel des Jātaka.
7.
Nach der vom Kommentator angeführten Lesart „vetanam“ statt des überlieferten „vedanam“.
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