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J 420
{Sutta: J iii 443|J 420|J 420} {Vaṇṇanā: atta. J 420|atta. J 420}
Die Erzählung von Sumangala
420
Sumangala-Jataka (Sumaṅgalajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Ich bin sehr zornig

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf das Lehrstück von der Königsermahnung. Damals aber erzählte der Meister auf die Bitte des Königs folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva im Schoße von dessen erster Gemahlin seine Wiedergeburt. Nachdem er herangewachsen war, übernahm er nach seines Vaters Tode die Regierung und spendete große Almosen. Er hatte aber einen Parkwächter namens Sumangala.

Damals nun verließ ein Paccekabuddha die Nandamula-Berghöhle und gelangte bei seinem Umherwandeln nach Benares. Hier verbrachte er im Parke die Nacht und betrat am nächsten Tage die Stadt, um Almosen zu sammeln. Als ihn der König sah, fand er Gefallen an ihm; er ließ ihn in seinen Palast heraufsteigen, wies ihm auf dem königlichen Sitze einen Platz an und bewirtete ihn mit fester und flüssiger Speise von mannigfachem Wohlgeschmack. Als er dann seine Danksagung vernommen, ließ er sich hochbefriedigt von jenem die Zustimmung geben, dass er im Parke des Königs wohnen wolle, und ließ ihn nach dem Parke geleiten. Er selbst begab sich nach dem Frühmahle dorthin, wies ihm Plätze an für den Aufenthalt bei Nacht und den Aufenthalt bei Tage und beauftragte den Parkwächter Sumangala, ihm die notwendigen Dienste zu tun. Darauf kehrte er in die Stadt zurück. Von da an nahm der Paccekabuddha beständig im königlichen Palaste sein Mahl ein und blieb lange an diesem Orte; Sumangala aber diente ihm eifrig.

Eines Tages sagte der Paccekabuddha zu Sumangala: „Ich werde ein paar Tage bei dem und dem Dorfe weilen und dann zurückkehren; melde dies dem Könige!“ Nach diesen Worten zog er fort. Sumangala meldete dies dem Könige. Nachdem der Paccekabuddha einige Tage dort verweilt hatte, kehrte er am Abend, als die Sonne untergegangen war, nach dem Parke zurück. Sumangala aber merkte nicht, dass er zurückgekommen war, und ging in sein Haus. Der Paccekabuddha verbrachte nun seine Almosenschale und sein Obergewand an ihren Platz, wandelte ein wenig auf und ab und ließ sich dann auf einer Steinbank nieder.

An diesem Tage aber waren Gastfreunde in das Haus des Parkwächters gekommen. Um ihnen Suppe und Sauce zu verschaffen, dachte dieser: „Ich will im Parke eine Gazelle töten, die die Furcht verloren hat.“ Er nahm seinen Bogen und ging in den Park hinein.

Während er nach einer Gazelle umherspähte, sah er den Paccekabuddha; in der Meinung, es sei ein großes Stück Wild, legte er den Pfeil auf die Sehne und traf ihn. Da enthüllte der Paccekabuddha sein Haupt und sagte: „Sumangala!“ Von Schmerz erfüllt rief dieser: „Herr, ich wusste nicht, dass Ihr zurückgekommen waret, und ich schoss in der Meinung, es sei ein Stück Wild. Verzeiht mir!“ Jener erwiderte: „Gut, was wirst du jetzt tun? Komm, ziehe den Pfeil heraus und nimm ihn weg!“ Darauf bezeigte ihm der Parkwächter seine Verehrung und zog den Pfeil heraus. Jetzt entstand bei dem Paccekabuddha heftiger Schmerz und er ging ebendaselbst zum völligen Nirvana ein. Der Parkwächter dachte: „Wenn das der König erfährt, wird er mich nicht mehr ertragen können“, und er entfloh mit Weib und Kind.

Sogleich aber entstand durch göttliche Macht in der ganzen Stadt der eine Ruf: „Der Paccekabuddha ist zum völligen Nirvana eingegangen.“ Am nächsten Tage kamen die Leute in den Park; als sie ihn sahen, meldeten sie dem Könige, der Parkwächter habe den Paccekabuddha getötet und sei entflohen. Da kam der König mit großem Gefolge herbei, verehrte sieben Tage lang den Leichnam, nahm unter großer Ehrung die Reliquien mit und erbaute ein Monument, das er beständig verehrte. So führte er in Gerechtigkeit seine Regierung.

Nachdem nun ein Jahr vergangen war, dachte Sumangala: „Ich will die Gesinnung des Königs kennen lernen.“ Er kam herbei und sagte zu einem Minister, den er sah: „Erforsche die Gesinnung des Königs gegen mich.“ Dieser ging zum Könige hin und erzählte von dessen Vorzügen. Der König aber stellte sich, als höre er nichts. Darauf sprach der Minister nichts mehr und erzählte Sumangala, der König zürne ihm noch.

Nachdem Sumangala auch im zweiten Jahre ebenso getan, kam er im dritten Jahre mit Weib und Kind herbei. Der Minister, der gemerkt hatte, dass der König milde gesinnt sei, ließ ihn am Tore des königlichen Palastes warten und meldete seine Ankunft dem Könige. Der König ließ ihn rufen, begann eine freundliche Unterhaltung mit ihm und fragte ihn dann: „Sumangala, warum hast du den Paccekabuddha getötet, das Feld der Betätigung meiner guten Werke?“ Jener antwortete: „O Fürst, ich tötete den Paccekabuddha nicht in der Absicht, ihn zu töten, sondern aus dem und dem Grunde tat ich so.“ Und er erzählte ihm den ganzen Hergang. Darauf tröstete ihn der König mit den Worten: „Fürchte dich also nicht“, und machte ihn wieder zu seinem Parkwächter.

Da fragte ihn jener Minister: „O Fürst, warum habt Ihr zweimal, obwohl Ihr die Vorzüge des Sumangala hörtet, nichts gesagt; warum ließet Ihr ihn aber, als Ihr es zum dritten Male hörtet, zu Euch kommen und verziehet ihm?“ Der König erwiderte: „Mein Lieber, ein König darf, wenn er erzürnt ist, nichts übereilt tun; darum war ich zuerst still. Beim dritten Male aber, als ich merkte, dass ich mild gegen Sumangala gesinnt war, ließ ich ihn rufen.“ Und er sprach, um die Pflichten des Königs zu erklären, folgende Strophen:

[§1] „‘Ich bin sehr zornig’; wenn dies merkt ein Herrscher, so darf die Straf er nicht sogleich verhängen; zum Schaden, seiner selbst nicht würdig würd' er über den Nächsten schweres Leid nur bringen. [§2] Doch wenn er an sich merkt, er ist versöhnt, kann recht er fremde Übeltat entscheiden; wenn er von selbst erkennt: So ist es Recht, kann er gerechte Straf ihm auferlegen. [§3] Der quälet nicht den andern noch sich selbst, der ohne Leidenschaft das Recht erwägt; wer dann als König Strafe muss vollziehen, der wahrt sein Ansehn und erhält die Macht. [§4] Doch wer als König Ungerechtes tut, voll Leidenschaft zu rasch die Straf verhängt, der scheidet aus dem Leben ehrberaubt und nach dem Tode kommt er in die Hölle. [§5] Wer sich am Recht erfreut, das Edle lehren, wer ohne Fehl in Denken, Worten, Werken, der geht erfüllt mit Ruhe, Milde, Friede in gleicher Weise durch die beiden Welten [1]. [§6] König bin ich, der Männer Herr und Weiber, auch wenn ich zürne, halte ich an mich; indem ich dieses Volk in Schranken halte, verhäng ich meine Strafen mitleidsvoll.“

Als der König so mit diesen sechs Strophen seine Tugenden auseinandergesetzt hatte, rief die ganze Umgebung des Königs freudigen Herzens: „Diese Vollendung im tugendhaften Wandel passt nur auf Euch“, und verkündete den Vorzug des Königs. Nachdem aber die Versammlung mit ihrem Lobe zu Ende war, stand Sumangala auf, bezeigte dem König seine Verehrung, faltete gegen ihn die Hände und sprach, um den König zu preisen, folgende drei Strophen:

[§7] „Niemals, o König, mögest du verlieren dein Glück und deine Ehre, Völkerfürst; vom Zorne frei und immer milden Sinnes leb ohne Kummer du noch hundert Jahre. [§8] Mit diesen Vorzügen versehen, König, in Tugend [2] fest, mild redend, ohne Zorn, regiere glücklich und gerecht die Erde und gehe nach dem Tod zum Himmel ein. [§9] Wenn so mit Wohltun und mit guten Worten mit Weisheit, Recht und Klugheit du regierst, so wirst du die bedrängte Menge laben der Wolke gleich, die Wasser schenkt der Erde.“
[§C]

Nachdem so der Meister, um den König von Kosala zu ermahnen, diese Unterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals ging der Paccekabuddha zum völligen Nirvana ein; Sumangala war Ananda, der König aber war ich.“

Ende der Erzählung von Sumangala

Anmerkungen:

1.
Nämlich durch die Welt der Menschen und der Götter.
2.
Gemeint sind die öfters erwähnten zehn Königstugenden.
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