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J 36
{Sutta: J i 216|J 036|J 036} {Vaṇṇanā: atta. J 036|atta. J 036}
Die Erzählung von dem Vogel
036
Sakuna-Jataka (Sakuṇajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Der erdentsprossne Baum

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen Mönch, dem seine Laubhütte verbrannt war. Ein Mönch nämlich hatte vom Meister einen Betrachtungsstoff erhalten, hatte dann das Jetavana verlassen und richtete sich im Gebiete von Kosala bei einem Grenzdorfe in einem Walde seine Wohnung ein. Aber im ersten Monat [1] verbrannte seine Laubhütte, Er meldete es den Leuten mit den Worten: „Meine Laubhütte ist verbrannt, ich wohne elend.“ Aber die Leute sagten: „Jetzt ist unser Feld ganz trocken, wir wollen unsere Felder bewässern. Wenn es bewässert ist, wollen wir es besäen; wenn der Same ausgeworfen ist, wollen wir einen Zaun machen; wenn der Zaun gemacht ist, wollen wir das Unkraut beseitigen, ernten und ausstampfen.“ Indem sie so immer wieder ein anderes Geschäft vorgaben, brachten sie drei Monate hin. Der Mönch nun, der die drei Monate unter freiem Himmel elend wohnte, wollte sich den Betrachtungsstoff klar machen, konnte aber nicht zum genauen Verständnis gelangen.

Und nach der Pavarana [2] begab er sich zum Meister zurück, begrüßte ihn und setzte sich ihm zur Seite. Nachdem der Meister ihn freundlich angeredet hatte, fragte er ihn: „Hast du, o Mönch, gut die Regenzeit verbracht? Bist du in deinem Betrachtungsstoff bis zum Ende gelangt?“ Darauf erzählte ihm der Mönch die Sache und sprach: „Da ich keine passende Wohnung hatte, bin ich nicht in meinem Betrachtungsstoff zum Ende gelangt.“ Da sagte der Meister: „Schon in früherer Zeit, o Mönch, wussten selbst die Tiere, was für sie passend war; warum wusstest du es nicht?“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, wurde dort Bodhisattva als Vogel wiedergeboren und wohnte, umgeben von einer Vogelschar, in einer Waldgegend bei einem großen Baume, der reich war an Ästen und Zweigen. Nun rieben sich eines Tages die Zweige dieses Baumes aneinander und es fiel Staub herab. Rauch erhob sich. Als dies der Bodhisattva sah, dachte er: „Wenn sich diese beiden Zweige so reiben, werden sie Feuer erzeugen; dies wird um sich greifen und die vorderen Blatter erfassen; dann wird es auch den ganzen Baum einäschern. Wir können hier nicht bleiben; wir müssen von hier entfliehen und anderswohin gehen.“ Und er sagte der Vogelschar folgenden Vers:

[§1] „Der erdentsprossne Baum, in dem wir Vögel wohnen, er selber zündet Feuer an: Nach einer andern Gegend fliegt, ihr Vögel; der unsre Zuflucht war, birgt nun Gefahr.“

Die klugen Vögel taten nach dem Wunsche des Bodhisattva; sie flogen mit ihm auf einen Schlag auf und begaben sich anderswohin. Die Unklugen aber dachten: „So sieht er immer in einem Tropfen Wasser Krokodile“; und sie nahmen seinen Rat nicht an und blieben dort. Nicht lange darauf aber entstand in der vom Bodhisattva vorausgesehenen Art Feuer und ergriff diesen Baum. Als Rauch und Flammen sich erhoben, konnten die vom Rauch geblendeten Vögel nicht mehr sich anderswohin flüchten; und da das Feuer immer näher herbeiflog, mussten sie sterben.

[§A2]

Nachdem der Meister mit den Worten: „So, o Mönch, erkannten schon in vergangener Zeit auch Tiere, die in den Spitzen der Bäume wohnten, was für sie passend war; warum erkanntest du es nicht?“, diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verkündigte er die vier Wahrheiten. Am Ende der Verkündigung von den Wahrheiten gelangte der Mönch zur Frucht der Bekehrung.

[§C]

Darauf erklärte der Meister die gegenseitigen Beziehungen und verband das Jātaka mit den Worten: „Damals waren die Vögel, die nach des Bodhisattva Worten handelten, die Buddhaschar, der weise Vogel aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem Vogel

Anmerkungen:

1.
Die Regenzeit, während welcher die meisten Mönche sich, einen bestimmten Aufenthaltsort aufsuchen mussten, dauerte vier Monate, von Mitte Juni bis Mitte Oktober.
2.
Vgl. Jātaka 29 Anm. 2. [Gemeint ist die große Beichtfeier am Ende der Regenzeit. Über die Pavarana vgl. „Leben des Buddha“, S. 352 f.]
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