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J 139
{Sutta: J i 483|J 139|J 139} {Vaṇṇanā: atta. J 139|atta. J 139}
Die Erzählung von dem doppelten Schaden
139
Ubhatobhattha-Jataka (Ubhatobhaṭṭhajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Durchbohrt die Augen, Kleid verloren

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf Devadatta. Damals nämlich hatten die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch begonnen: „Freund, gleichwie ein Scheit von einem Scheiterhaufen, das an beiden Enden angebrannt und in der Mitte von Unrat befleckt ist, weder im Walde seinen Zweck als Holz erfüllt, noch im Dorfe, ebenso ist auch Devadatta, der, nachdem er in dieser zum Heile führenden Lehre Mönch geworden, in doppelter Beziehung gefallen, in doppelter Beziehung außenstehend geworden ist, seines Laienvorteils verlustig gegangen und erfüllt nicht seinen Mönchsberuf.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Erzählung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als man antwortete: „Zu der und der“, sprach der Meister: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist Devadatta in doppelter Beziehung in Unglück gefallen, sondern auch schon früher fiel er in Unglück.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva als eine Baumgottheit seine Wiedergeburt. Damals wohnten in einem Dörfchen Angelfischer. Ein Angelfischer nun ging mit seiner Angel in Begleitung seines kleinen Sohnes an einem Teiche, wo Angelfischer gewöhnlich Fische fingen, da- und dorthin und warf seine Angel aus. Die Angel blieb an einem vom Wasser bedeckten Baumstumpf hängen. Da der Angelfischer sie nicht herausziehen konnte, dachte er: „Diese Angel wird an einem großen Fische hängen geblieben sein. Ich werde mein Söhnchen zu seiner Mutter schicken und sie mit den Nachbarn einen Streit anfangen lassen [1]; auf diese Weise wird niemand davon einen Teil erwarten.“ Und er sprach zu seinem Sohne: „Gehe, mein Sohn, und melde der Mutter, dass wir einen großen Fisch gefangen haben; sie soll mit den Nachbarn einen Streit anfangen.“ Mit diesen Worten schickte er seinen Sohn fort. Da er aber die Angel nicht herausziehen konnte, legte er aus Furcht, die Schnur möchte zerreißen, sein Obergewand auf den Boden und stieg in das Wasser hinein. Während er jedoch hier in seinem Verlangen, den Fisch zu erbeuten, nach dem Fische suchte, stieß er an den Baumstumpf im Wasser, so dass seine beiden Augen durchbohrt wurden. Sein Gewand aber, das er auf den Boden gelegt hatte, nahm ihm ein Dieb weg. Wahnsinnig vor Schmerz drückte jener die Hand auf die Augen, stieg aus dem Wasser und suchte zitternd nach seinem Gewande.

Seine Gattin aber wollte einen Streit erregen, damit niemand Anteil an dem Fange erwartete. Darum schmückte sie sich an einem Ohre mit einem Palmenblatt, beschmierte ein Auge mit Ruß von ihrem Kochtopf und ging mit einem Hunde auf dem Arm in das Nachbarhaus. Da sprach eine Freundin zu ihr: „In einem Ohre hast du ein Palmenblatt als Schmuck, das eine Auge hast du beschmiert und gehst von Haus zu Haus, indem du einen Hund wie einen lieben Sohn auf dem Arme trägst. Bist du denn verrückt geworden?“ Jene antwortete: „Ich bin nicht verrückt; du aber fährst mich ohne Grund an und schmähst mich. Ich werde jetzt zum Dorfvorsteher gehen und dich in eine Strafe von acht Kahapanas [2] nehmen lassen.“ Nachdem sie so den Streit erregt, gingen sie beide zu dem Dorfvorsteher hin. Als hier der Streit untersucht wurde, fiel auf ihr Haupt allein die Strafe. Darauf band man sie und begann, sie zu schlagen, mit den Worten: „Zahle die Strafe!“

Als die Baumgottheit dies ihr Geschick im Dorfe und das Unglück ihres Mannes im Walde bemerkte, sagte sie, im Geäste des Baumes stehend: „He, Mann, deine Arbeit ist verloren im Wasser wie auf dem Lande; in beiden Beziehungen bist du geschädigt.“ Und darauf sprach sie folgende Strophe:

[§1] „Durchbohrt die Augen, Kleid verloren, zur Straf verdammt im Freundeshaus; die Arbeit beider ist verloren wie in dem Wasser, so am Land.“
[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beendigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war der Angelfischer Devadatta, die Baumgottheit aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem doppelten Schaden

Anmerkungen:

1.
Zu dem Zwecke, dass seine Genossen ihre Aufmerksamkeit auf den Streit richten und er so allein die Beute davonträgt.
2.
Chalmers macht zu dieser Stelle die Bemerkung, dass hier ebenso wie im Jātaka 137 nur kupferne Kahapanas gemeint sein können, statt, wie gewöhnlich, goldene. Für unsre Stelle trifft dies wohl zu (vgl. dazu auch Jātaka 3 Anm. 5), nicht aber auf das 137. Jātaka, wo doch von den vergrabenen 400 Millionen die Rede ist.
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