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J 202
{Sutta: J ii 144|J 202|J 202} {Vaṇṇanā: atta. J 202|atta. J 202}
Die Erzählung von dem Spaßvogel
202
Kelisila-Jataka (Keḷisīlajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Die Schwäne, Reiher und die Pfauen

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf den ehrwürdigen glücklichen Lakuntaka. Dieser Ehrwürdige nämlich war im Orden Buddhas bekannt und berühmt. Er besaß eine süße Stimme, verkündete süß die Lehre, kannte die Unterscheidungen und hatte gänzlich die Leidenschaften getilgt. Inmitten der achtzig Theras [1] aber war Lakuntaka an Gestalt der kleinste; er glich einem Novizen oder einem Zwerg, den man zur Kurzweil hat.

Als nun dieser eines Tages den Vollendeten begrüßt hatte, ging er auf der Umwallung des Jetavana herum. Da kamen dreißig Mönche vom Lande, um dem mit den zehn Kräften Ausgestatteten zu huldigen, nach dem Jetavana. Als sie auf der Umwallung den Thera sahen, dachten sie, es sei ein Novize; und sie fassten den Thera am Zipfel seines Gewandes, nahmen ihn bei der Hand, rieben ihm die Nase, fassten ihn an den Ohren und schüttelten ihn. Als sie so an ihm mit ihren Händen Missbrauch getrieben hatten, legten sie Almosenschale und Obergewand zur Seite, gingen zum Meister hin, begrüßten ihn und setzten sich ihm zur Seite. Als dann der Meister sich liebevoll mit ihnen unterhalten hatte, fragten sie: „Herr, ein Schüler von Euch, der glückliche Thera Lakuntaka mit Namen, ist ein süßer Verkündiger der Lehre; wo ist er jetzt?“ „Habt ihr Lust, ihr Mönche, ihn zu sehen?“ „Ja, Herr.“ Darauf sprach der Meister: „Den ihr, ihr Mönche, auf dem Torwalle sahet, den ihr am Zipfel seines Gewandes usw. fasstet, an dem ihr vor eurem Kommen mit euren Händen Unfug triebet, der ist es.“ Die Mönche fragten nun: „Herr, warum ist ein solch eifriger Beter, ein von so ernstem Streben Erfüllter so unansehnlich geworden?“ Darauf erwiderte der Meister: „Wegen des von ihm selbst verübten Bösen“; und er erzählte auf ihre Bitte folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva der Götterkönig Sakka [2]. Damals konnte man Brahmadatta keinen alten, zu hohem Alter gelangten Elefanten noch ein altes Pferd noch ein altes Rind zeigen. Er war nämlich ein Spaßvogel, und wenn er ein solches Tier sah, ließ er es verfolgen. Wenn er ein altes Gewand sah, ließ er es zerreißen. Wenn er alte Weiber sah, ließ er sie zu sich bringen, auf den Bauch schlagen, zu Boden werfen und dann wieder aufheben. So versetzte er sie in Furcht. Wenn er alte Männer sah, ließ er sie, als ob sie Gaukler wären, zum Spiel sich auf dem Boden herumwälzen. Wenn er keine sah, sondern nur hörte: „In dem und dem Hause ist ein Alter“, so ließ er ihn herbeikommen und trieb sein Spiel mit ihm.

Die Leute schämten sich und schickten ihre Eltern aus diesem Reiche fort. So hörte die Gewohnheit, die Mutter zu ehren und den Vater zu ehren, ganz auf. Die Diener des Königs waren auch solche Spaßvögel; wenn sie aber starben, erfüllten sie die vier Straforte [3]. So ging die Götterversammlung zurück [4].

Als nun Sakka keine neuen Göttersöhne mehr sah, überlegte er: „Was ist wohl die Ursache davon?“ Da er es merkte, dachte er: „Ich will ihn bezähmen“. Er nahm das Aussehen eines alten Mannes an, ließ auf einen alten Wagen zwei Töpfe mit Molken stellen und zwei alte Ochsen davor spannen.

Als nun an einem Festtage Brahmadatta einen geschmückten Elefanten bestiegen hatte und um die geschmückte Stadt von rechts herumritt, trieb Sakka, mit Lumpen angetan, diesen Wagen vorwärts und kam dem Könige vor die Augen. Als der König den alten Wagen gewahrte, sagte er: „Bringt diesen Wagen fort“. Die Leute aber erwiderten: „Wo, Herr? Wir sehen ihn nicht“; denn Sakka zeigte ihn vermöge seiner Wundermacht nur dem Könige. Als er aber nahe an ihn herangekommen war, trieb er den Wagen an ihn hin, zerschlug über dem Haupte des Königs den einen Topf, drehte ihn herum und zerschlug dann auch den zweiten. Vom Haupte des Königs aber tropften auf beiden Seiten die Molken herunter. Dadurch wurde der König belästigt, gequält und mit Ekel erfüllt.

Als aber Sakka merkte, dass er unwillig darüber war, ließ er den Wagen verschwinden, nahm seine Gestalt wieder an, stellte sich, seinen Donnerkeil in der Hand, in die Luft und sprach zum Könige: „Du böser, ungerechter König, wirst du nicht alt werden, wird deinen Körper das Alter nicht treffen? Du bist ein Spaßvogel und verübst an alten Leuten Verletzungen. Um deinetwillen allein füllen diejenigen, welche solche Taten getan, nach ihrem Tode die Straforte. Die Menschen dürfen ihre Eltern nicht mehr versorgen. Wenn du mit diesem Tun nicht aufhören wirst, werde ich dir mit meinem Donnerkeil das Haupt zerschmettern. Tue von jetzt an nichts Solches mehr!“ Nachdem er ihn dadurch in Schrecken versetzt, schilderte er den Vorzug der Eltern und erklärte den Vorteil, der in der Ehrung der Alten liege. Nach dieser Ermahnung kehrte er an seinen Ort zurück. Der König aber ließ von da ab nicht einmal mehr einen Gedanken in sich aufkommen, eine solche Tat zu verüben.

[§A2]

Nachdem der Meister diese Begebenheit aus der Vergangenheit erzählt hatte, sprach er, der völlig Erleuchtete, folgende zwei Strophen:

[§1] „Die Schwäne, Reiher und die Pfauen, die Elefanten, Antilopen, sie alle zittern vor dem Löwen; sie sind an Kraft nicht ebenbürtig. [§2] Und ebenso wer unter Menschen zwar jung ist, aber stark an Einsicht, der ist allhier der wahrhaft Große; denn nichts vermag die Kraft des Toren.“
[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber wurden von diesen Mönchen einige bekehrt, einige einmalzurückkehrend, einige nichtzurückkehrend und einige heilig): „Damals war der König der glückliche Thera Lakuntaka, durch diese seine Spottsucht ist er selbst zum Gegenstand des Spottes für andere geworden; Sakka aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem Spaßvogel

Anmerkungen:

1.
Nämlich der oft erwähnten 80 bedeutendsten Schüler Buddhas.
2.
Auch Sakka oder Indra ist der Wiedergeburt unterworfen.
3.
Vgl. Jātaka 1 Anm. 22. [Für böse Taten werden die Menschen bestraft durch ihre Wiedergeburt in einer der Höllen oder der Tierwelt oder der Welt der büßenden Geister (Peta-Welt) oder endlich der Dämonenwelt.]
4.
Weil keine guten Werke mehr geschahen, hörte die Wiedergeburt in einer Götterwelt auf.
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