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J 232
{Sutta: J ii 226|J 232|J 232} {Vaṇṇanā: atta. J 232|atta. J 232}
Die Erzählung von dem Lautenstab
232
Vinathuna-Jataka (Vīṇāguṇajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Von dir nur ist erdacht die Sache

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf ein junges Mädchen. Dieses nämlich, die Tochter des Großkaufmanns von Benares, sah, wie in ihrem Hause einem Stierkönig Ehre erwiesen wurde. Daher fragte sie ihre Amme: „Mutter, wer ist dies, dem soviel Ehrung zuteil wird?“ Diese antwortete: „Es ist der Stierkönig, meine Tochter.“ — Ein andermal sah sie eines Tages, als sie auf ihrem Söller stand und auf die Straße hinabschaute, einen Buckligen und sie dachte bei sich: „Unter den Rindern hat der Anführer auf dem Rücken einen Höcker [1]. Auch der Anführer der Menschen muss einen solchen haben. Dieser wird unter den Menschen der hervorragendste Mann sein; es kommt mir zu, dessen Dienerin zu werden.“ Sie schickte eine Sklavin zu ihm und hieß ihm sagen: „Die Tochter des Großkaufmanns wünscht, dich zu begleiten; begib dich an den und den Ort und warte daselbst.“ Darauf nahm sie ein Bündel mit Kostbarkeiten mit sich, stieg in einem unkenntlich machenden Gewande vom Palaste herab und entfloh mit jenem.

Zu einer anderen Zeit aber wurde diese Tat in der Stadt und unter der Mönchsgemeinde bekannt. In der Lehrhalle begannen die Mönche folgendes Gespräch: „Freund, die Großkaufmannstochter so und so ist mit einem Buckligen durchgegangen.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu was für einer Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, liebt dies Mädchen einen Buckligen, sondern auch früher liebte sie einen solchen.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva in einem Flecken in der Großkaufmannsfamilie seine Wiedergeburt. Als er herangewachsen war, wählte er das Leben im Hause und bekam Söhne und Töchter. Für seinen Sohn wählte er die Tochter des Großkaufmanns von Benares zur Frau und bestimmte den Tag der Hochzeit.

Als nun die Großkaufmannstochter sah, wie in ihrem Hause dem Stiere große Ehrung zuteil wurde, fragte sie ihre Amme: „Wer ist denn dies?“ Sie bekam zur Antwort: „Ein Stier.“ Da sah sie auf der Straße einen Buckligen daherkommen und dachte: „Dies wird der hervorragendste unter den Menschen sein.“ Sie nahm ein Bündel mit Kostbarkeiten mit und entfloh mit ihm.

Der Bodhisattva aber begab sich, um die Tochter des Großkaufmanns in sein Haus zu holen, mit großem Gefolge nach Benares und schlug denselben Weg ein. Jene beiden gingen die ganze Nacht hindurch ihres Weges weiter. Der Bucklige aber litt die ganze Nacht hindurch unter der Kälte und zur Zeit des Sonnenaufgangs regte sich in seinem Leibe der Durchfall, so dass er große Schmerzen litt. Er ging vom Wege ab und legte sich, vom Schmerz überwältigt, zusammengekrümmt wie ein Lautenstab nieder; die Tochter des Großkaufmanns aber setzte sich zu seinen Füßen.

Als nun der Bodhisattva die Großkaufmannstochter zu den Füßen des Buckligen sitzen sah, erkannte er sie, ging zu ihr hin und sprach, mit der Großkaufmannstochter redend, folgende erste Strophe:

[§1] „Von dir nur ist erdacht die Sache; dies ist ein Tor und nicht ein Fürst. Du darfst nicht mit dem Buckligen, dem Niedrigen zusammengehn.“

Als die Großkaufmannstochter diese seine Worte vernahm, sprach sie folgende zweite Strophe:

[§2] „Ich hielt ihn für den höchsten Menschen und liebte drum den Buckligen; jetzt liegt gekrümmt er da und gleicht der Laute, der die Saiten rissen.“

Der Bodhisattva erfuhr, dass sie in unkenntlich machender Kleidung ihr Haus verlassen habe [2]; darauf ließ er sie sich waschen, schmückte sie, ließ sie auf seinen Wagen steigen und begab sich nach Hause zurück.

[§C]

Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Die damalige Großkaufmannstochter war dieselbe wie die jetzige, der Großkaufmann von Benares aber war ich [3].“

Ende der Erzählung von dem Lautenstab

Anmerkungen:

1.
Die indischen Büffel haben einen Höcker.
2.
Man wusste also bei ihr zu Hause noch nichts davon; folglich war ihr guter Ruf gerettet.
3.
Dies stimmt nicht mit dem ersten Satze des Jātaka überein.
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