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J 233
{Sutta: J ii 226|J 233|J 233} {Vaṇṇanā: atta. J 233|atta. J 233}
Die Erzählung von der Harpune
233
Vikannaka-Jataka (Vikaṇṇajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Wohin du gern willst, dahin gehe

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen unzufriedenen Mönch. Als dieser nämlich in die Lehrhalle gebracht und vom Meister gefragt wurde: „Ist es wahr, o Mönch, dass du unzufrieden bist?“, antwortete er: „Es ist wahr.“ Der Meister fragte weiter: „Wodurch bist du unzufrieden geworden?“ Er antwortete: „Durch die Lust an sinnlichem Vergnügen [1].“ Darauf sprach zu ihm der Meister: „Die sinnlichen Vergnügungen gleichen einem mit Widerhaken versehenen Speere, wenn sie einmal im Herzen Aufnahme gefunden haben; sie bringen den Tod, wie die eingedrungene Harpune dem Krokodil.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Ehedem regierte der Bodhisattva zu Benares in Gerechtigkeit. Eines Tages begab er sich nach seinem Parke und gelangte an das Ufer eines Lotosteiches. Da führten Leute, die des Tanzes, des Gesanges u. dgl. kundig waren, ihre Tänze und Gesänge auf. Die Fische und Schildkröten im Lotosteiche versammelten sich aus Begierde nach dem Klange der Lieder und gingen mit dem König [2]. Als der König die Menge der Fische sah, die dem Stamm einer Fächerpalme an Ausdehnung gleichkam, fragte er seine Minister: „Warum gehen diese Fische immer mit mir herum?“ Die Minister erwiderten: „Sie wollen dem Könige ihre Aufwartung machen.“ Der König war befriedigt darüber, dass die Fische ihm ihre Aufwartung machten, und ließ ihnen daher beständig Futter vorwerfen. Täglich wurde für sie ein Ammana [3] Reis gekocht.

Zur Zeit des Mahles nun kamen einige Fische, einige kamen nicht, so dass das Futter zugrunde ging. Man teilte dies dem Könige mit. Der König sprach: „Von jetzt schlagt zur Zeit des Mahls die Trommel und spendet das Futter, wenn sich die Fische infolge des Trommelzeichens versammelt haben.“ — Von da an ließ der Koch die Trommel schlagen und gab dann den versammelten Fischen das Futter. Auf das Zeichen der Trommel aber versammelten sie sich und verzehrten es.

Wenn sie sich aber versammelt hatten und ihr Futter verzehrten, kam ein Krokodil herbei und fraß die Fische. Der Koch meldete dies dem Könige. Als der König dies vernahm, sagte er: „Wenn das Krokodil die Fische frisst, so triff es mit einer Harpune und erlege es!“ Jener erwiderte: „Gut.“ Und er ging hin, stellte sich auf ein Schiff und traf das Krokodil, als es herbeikam, um die Fische zu fressen, mit der Harpune. Sie drang in seinen Rücken ein. Von Schmerz überwältigt, nahm es die Harpune mit und entfloh. — Als der Koch bemerkte, dass es getroffen war, sprach er, das Krokodil anredend, folgende Strophe:

[§1] „Wohin du gerne wünschest, dahin gehe; in deinen Rücken traf dich die Harpune. Den Tod hast du gefunden, da du gierig beim Schall der Trommel hast verfolgt die Fische.“

Als aber das Krokodil nach seiner Wohnung gekommen war, starb es.

[§A2]

Nachdem der Meister dies Ereignis geschildert, sprach er, der völlig Erleuchtete, folgende zweite Strophe:

[§2] „So geht es dem, der in der Welt Befleckung sich stürzt und seinen Sinn darein verstrickt; in der Vertrauten Mitte muss er sterben, dem Krokodil gleich, das den Fischen folgte.“
[§C]

Nachdem der Meister so diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangte jener unzufriedene Mönch zur Frucht der Bekehrung): „Damals war ich der König von Benares.“

Ende der Erzählung von der Harpune

Anmerkungen:

1.
Gemeint sind die Vergnügungen der fünf Sinne überhaupt, nicht speziell die im Deutschen als sinnlich bezeichneten.
2.
D. h. wohin sich der König am Ufer begab, dahin folgten sie im Wasser nach.
3.
Vgl. Jātaka 140 Anm. 6. [Ein Ammana ist ein ziemlich großes Hohlmaß; es umfasste 11 Donas zu 4 Alhakas. Das Alhaka ist ein Hohlmaß etwa viermal so groß wie die Nali.]
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