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J 383
{Sutta: J iii 267|J 383|J 383} {Vaṇṇanā: atta. J 383|atta. J 383}
Die Erzählung von dem Hahn
383
Kukkuta-Jataka (Kukkuṭajātakaṃ)
übersetzt aus dem Pali ins Deutsche:
Julius Dutoit

Der du voll bunter Federn bist

[§A]

Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen unzufriedenen Mönch. Als diesen Mönch der Meister fragte, warum er unzufrieden sei, und zur Antwort erhielt: „Herr, durch die Macht der sinnlichen Lust, nachdem ich ein geschmücktes Weib gesehen“, sprach der Meister: „O Mönch, die Frauen sind, weil sie die anderen betrügen, beschwatzen, und wenn sie in ihre Gewalt gekommen sind, ins Verderben stürzen, den Katzen gleich.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

[§B]

Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva in einem Walde im Geschlechte der Hähne seine Wiedergeburt. Umgeben von vielen hundert Hähnen wohnte er im Walde. Unweit davon wohnte eine Katze; diese betörte mit ihrer List alle andern Hähne außer dem Bodhisattva und fraß sie auf. Der Bodhisattva aber ließ sich von ihr nicht fangen. Da dachte sie: „Dieser sehr falsche Hahn kennt meine Falschheit und meine Gewandtheit in Listen nicht. Ich werde ihn mit den Worten: ‘Ich will deine Frau werden’, beschwatzen; und wenn er dann in meine Gewalt gekommen ist, dann werde ich ihn auffressen.“

Als er auf einem Baume saß, ging sie an dessen Fuß hin, und indem sie ihn mit Worten bat, die vor allem seine Schönheit schilderten, sprach sie folgende erste Strophe:

[§1] „Der du voll bunter Federn bist, mit breitem Kamme fliegst umher, steig von des Baumes Zweig herab; umsonst [1] will ich dir Gattin werden.“

Als dies der Bodhisattva hörte, dachte er: „Sie hat alle meine Verwandten aufgefressen; jetzt will sie mich beschwatzen und dann auch fressen. Ich werde sie forttreiben.“ Und er sprach folgende zweite Strophe:

[§2] „Du, Schöne, bist ein Vierfüßler, ich bin ein Vogel nur, du Holde. Nicht passt zusammen Tier und Vogel, drum such dir einen andern Gatten!“

Darauf dachte jene: „Dieser ist überaus schlau; aber durch irgendeine List muss ich ihn täuschen, um ihn verzehren zu können. Und sie sprach folgende dritte Strophe:

[§3] „Ich will dir sein ein junges Weib, das sanft ist und nur Liebes redet. So nimm mich hin nach edler Art und lass mich hören, was du willst.“

Jetzt dachte der Bodhisattva: „Ich muss ihr Schrecken einflößen und sie verjagen.“ Und er sprach folgende vierte Strophe:

[§4] „Du blut'ge Vogelfresserin, du Räuberin, die Hähne tötet, nicht wünschest du auf edle Art, mich dir als Gatten zu erwerben.“

Jene lief eilig davon und getraute sich nicht mehr umzublicken.

[§A2]

Folgende Strophen sprach der völlig Erleuchtete:

[§5] „So machen es die schlauen Weiber, wenn einen edlen Mann sie sehen, verleiten sie mit sanften Worten ihn, wie es tat beim Hahn die Katze. [§6] Wer einem plötzlichen Ereignis nicht rasch im Geist gewachsen ist, der kommt in die Gewalt des Feindes, und später hat er es zu büßen [2]. [§7] Doch wer ein plötzliches Ereignis mit dem Verstande schnell durchschaut, der wird von Feindesnot befreit, wie es dem Hahn ging bei der Katze.“
[§C]

Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangte der unzufriedene Mönch zur Frucht der Bekehrung): „Damals war ich der König der Hähne.“

Ende der Erzählung von dem Hahn

Anmerkungen:

1.
D. h. ohne Brautgeschenke zu verlangen.
2.
Diese, wie auch die drei ersten Verse der nächsten Strophe stehen auch im Jātaka 342 Strophen 3 und 4.
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